Frage an Heidrun Schmitt von Karen K. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrte Frau Schmitt,
ich mache zurzeit eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestelltin bei der Freien und Hansestadt Hamburg.
Wir haben im Unterricht eine Aufgabe gestellt bekommen, die wir in einem Referat der Klasse vorstellen sollen.
Die Aufgabe besteht darin, dass Feierabendparlament zu erklären. Um den Schülerinnen und Schülern einen besseren Eindruck zuvermitteln haben wir uns überlegt, dass wir Abgeordnete über ihre Situation befragen möchten. Es geht darum, wie Sie als Abgeordnete das Feierabendparlament finden und wie es Ihr Leben beeinflusst. Beispiele hierfür wären, das Abgeordnetenamt mit dem Privatleben zu vereinbaren, den Beruf mit dem Abgeordnetenamt oder vielleicht der Aspeckt des Geldes (Diät) im Vergleich zu anderen Ländern.
Wenn Sie uns ihre Sichtweise dazu mitteilen würden, wären wir ihnen sehr verbunden.
Mit freundlichen Grüßen
Karen Köpsel
Sehr geehrte Frau Köpsel,
vielen Dank für Ihre Email. Die Bezeichnung „Feierabendparlament“ ist tatsächlich erklärungsbedürftig. Richtig ist, dass die Hamburger Bürgerschaft im Gegensatz zu den meisten anderen Parlamenten in Deutschland kein Vollzeitparlament ist. Das Bürgerschaftsmandat gilt als nebenamtliche Tätigkeit, welche die Abgeordneten neben ihrem Beruf ausüben sollen. Aus diesem Grund finden Ausschuss- und Bürgerschaftssitzungen am späten Nachmittag oder am Abend statt. Die Idee hinter dieser Regelung ist, dass die Abgeordneten durch die berufliche Tätigkeit stärker in der Gesellschaft verankert sind als Vollzeitparlamentarier. Wie viele Stunden ein/e Bürgerschaftsabgeordnete/r seinem/ihrem Mandat widmen soll, ist nicht festgelegt.
In kleinen Fraktionen ist die Arbeitsbelastung durch das Mandat relativ hoch, da die Abgeordneten oft mehrere Ausschüsse und Funktionen übernehmen. Eine berufliche Tätigkeit in Vollzeit ist dann neben dem Mandat meist nicht mehr möglich ist. Der Unterschied zwischen einem Teilzeit- und einem Vollzeitparlament macht sich vor allem in der Ausstattung bemerkbar: So sind die Pauschalen für die Bezahlung der Mitarbeiter/innen der Abgeordneten und für das Abgeordnetenbüro geringer als bei einem Vollzeitparlament. Gleiches gilt für die Diät. Auch besitzt die Bürgerschaft z. B. keinen wissenschaftlichen Dienst, wie einige andere deutsche Parlamente.
Zu meinem persönlichen Umgang kann ich sagen, dass ich die mir eingeräumte Zeit neben dem Mandat insbesondere für meine berufliche Weiterbildung nutze. Da ich erst kurz vor dem Bürgerschaftsmandat ein Studium abgeschlossen hatte, hat die Diät meine finanzielle Situation verbessert. Wer allerdings bereits ein höheres Einkommen durch seine/ ihre Berufstätigkeit erzielt hat, empfindet die Diät als gering. Die Teilzeitausstattung des Parlamentes hat zur Folge, dass Abgeordnete weniger Zeit für ihr Mandat aufwenden, weil sie parallel das berufliche Standbein pflegen müssen. Ich denke, hiermit sind Vor- und Nachteile verbunden. Für mich persönlich ist es wichtig, auch eine andere berufliche Perspektive zu haben bzw. mir erarbeiten zu können - daher kommt mir die Regelung entgegen. Gleichzeitig wäre eine bessere Ausstattung der Bürgerschaft wünschenswert, da das Aufgabengebiet und Arbeitspensum mit einem Flächenland sicherlich vergleichbar sind. Meinen Mitarbeiter würde ich beispielsweise gerne in Vollzeit beschäftigen. Das fachliche Spektrum, das er für mich bearbeitet, ist mit Gesundheits-, Pflege-, Verbraucherschutz- und Tierschutzpolitik sehr breit für eine Teilzeitstelle aufgestellt. Hier müssen wir natürlich Schwerpunkte setzen und können nicht das gesamte Feld zu jeder Zeit bespielen.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantworten konnte, wenden Sie sich ansonsten gerne wieder an mich.
Herzliche Grüße,
Heidrun Schmitt