Frage an Heide Rühle von Klaus H. bezüglich Wirtschaft
Betr.: Freihandelsabkommen mit den USA
Sehr geehrte Frau Rühle,
die TV-Sendung „Markt“ vom 8.1.2014 informiert darüber, dass dieses Abkommen geheim verhandelt wird und keine Unterlagen den Bürgern zugänglich gemacht werden dürfen. Ist Ihnen das bekannt? Warum ist das so, und wer hat die EU dazu bevollmächtigt? Bei Streitfragen soll nicht einmal ein ordentliches Gericht urteilen, sondern Anwälte unter sich. Dabei können diese dann von einzelnen Staaten (d.h. von deren Steuerzahlern) Schadenersatz in unbekannten Höhen verlangen (wie in Kanada bereits geschehen!). Was hat so ein Abkommen mit „Freihandel“ zu tun? Wie ist Ihre Position in dieser Frage, und was gedenken Sie in dieser Angelegenheit zu unternehmen?
Mit freundlichem Gruß
Sehr geehrter Herr Heckel,
vielen Dank für Ihre Mail, Ihre Fragen beantworte ich gerne.
Mir ist bekannt, dass das Abkommen hinter verschlossenen Türen verhandelt wird. Das haben sowohl der Rat als auch die Kommission so beschlossen. Ich halte das für falsch, in meinen Augen müsste ein solches Abkommen so transparent wie möglich verhandelt werden, um der Zivilgesellschaft und interessierten Bürgern einen Einblick in die Verhandlungspositionen und -Ergebnisse zu geben. Selbst für die allermeisten Abgeordneten im Europäischen Parlament sind weder die detaillierten Verhandlungspositionen noch die Zwischenergebnisse der Verhandlungen zugänglich.
Sie haben Recht, wenn Sie hinterfragen, ob das Abkommen noch ein klassisches Freihandelsabkommen sei, denn in der Regel geht es bei Freihandelsabkommen um die Abschaffung von Zöllen. Das TTIP geht jedoch viel weiter, hier soll es eine weitgehende Angleichungen auch von gesetzlichen Standards geben.
Der Vertrag von Lissabon gibt der Europäischen Kommission das Recht, im Auftrag der Mitgliedsstaaten Freihandelsabkommen mit Drittstaaten zu verhandeln. Diese Abkommen müssen jedoch sowohl durch die Vertreter der Mitgliedsstaaten im Rat als auch durch das Europäische Parlament ratifiziert werden. Ohne die Zustimmung des Parlamentes kann ein Handelsabkommen nicht in Kraft treten. Angesichts der auch von ihnen angesprochenen Ergebnisse, wie bspw. der Etablierung von Schiedsgerichten, bei denen Klagen gegen Staaten am ordentlichen Rechtsweg vorbei initiiert werden können, werden die GRÜNEN dem Abkommen voraussichtlich nicht zustimmen. Bereits im letzten Jahr haben die GRÜNEN einen entsprechenden Beschluss auf ihrem Bundesparteitag gefasst: http://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Beschluesse/Verschiedenes-TTIP-im-Fokus-Beschluss-BDK-10-2013.pdf . Es ist jedoch zu befürchten dass viele Abgeordnete anderer Fraktionen im kommenden Europaparlament dennoch zustimmen werden. Ich würde Ihnen daher empfehlen, sich auch an Abgeordnete und Kandidaten anderer Fraktionen zu wenden. So können Sie dazu beitragen, dass das TTIP zu einem Thema im Wahlkampf wird.
Wenn über das Ergebnis des TTIP im Parlament abgestimmt wird, werde ich nicht mehr Abgeordnete des Europäischen Parlaments sein, denn ich trete für die kommende Legislaturperiode nicht mehr an. Ich werde den Prozess jedoch weiterhin sehr kritisch verfolgen und ich bin mir sicher, dass auch die kommende GRÜNE Fraktion im Europäischen Parlament dies so handhaben wird.
Mit freundlichen Grüßen
Heide Rühle