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Heide Rühle
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Frage von Alexander M. •

Frage an Heide Rühle von Alexander M. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag Frau Rühle,

es ist sehr erfreulich, dass insbesondere Sie u.a sich gegen die Gefahr einer Trinkwasserprivatisierung sich einsetzen.

1)Wie beurteilen Sie die Chancen im Plenum des EP die Richtline der Dienstleistungskonzession noch so abzuändern, dass zumindest die Bereichsausnahme Wasser durchgesetuzt werden kann ?

2) Wie erfahre ich wer in der "berüchtigten" Steeeringkommision des EU-Binnenkommissars Michel Barnier sitzt. Es wird berichtet, dass hier fast ausschließlich Verteter der großen Wasserkonzerne sowie Verterer der dazugehörigen Industriebetriebe sitzen. Um den Beigeschmack einer strukturellen Korruption innerhalb der EU-Kommision und des IMCO´s nicht enstehen zu lassen, muß hier Transparenz erfolgen !

3) Wie erfahre ich wer diese "Berater"-Kommission zusammengestellt hat. ? M Barnier verneint verantwortlich für die Zusammenstzung gewesen zu sein.(ARTE Sendung Febr.) Wie kann man mit Herrn Barnier direkt in Kontakt treten ?

4) Welcher Druck aus der Bevölkerung (außer nur Unterschriften sammeln) ist überhaupt noch möglich, um der Gefahr der Trinkwasserprivatisierung im Besonderem sowie einer undemokratischen, von mächtigen Interessegruppen verfilzten Eu-Politik im Allgemeinen noch zu entgegnen ?
Ich hoffe sehr, dass Sie und Ihr Partei- Kollege Jan Philipp Albrecht, der mir eine sehr gute ausführliche Antwort gesendet hat, Erfolg haben werdet.

Mit freundlichen Grüßen
Alexander Mahlmann
Varel

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Mahlmann,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Zu Ihren Fragen:

1) Vorab eine Erläuterung zum weiteren Verfahren, das jetzt angewandt werden wird: Die Richtlinie wird nicht im üblichen Gesetzgebungsverfahren beschlossen werden (Erste Lesung mit Ausschussabstimmung und Plenarabstimmung usw.) sondern im sog. Trilogverfahren. Das bedeutet, dass nach der Abstimmung im zuständigen Parlamentsausschuss nicht das komplette Plenum abstimmt, sondern dass direkt Verhandlungen mit Rat und Kommission aufgenommen werden. Das Plenum wird dann erst nach Abschluss der Verhandlungen als Ganzes über den Kompromiss mit den anderen Institutionen abstimmen. Dieses Verfahren soll die Gesetzgebung beschleunigen, es ist aber auch deutlich undemokratischer, weshalb wir es ablehnen. Die großen Fraktionen haben uns da leider überstimmt, so dass ich mich jetzt selbstverständlich an den Verhandlungen mit dem Rat beteiligen werde, um wenigstens einige Punkte in der Richtlinie zu verbessern und kommunale Spielräume so weit es geht zu erhalten.

Denn nein, die Richtlinie wird sich leider nicht verhindern lassen. Und auch eine Ausnahme des Wassers wird sich nicht erreichen lassen.

Wir haben im zuständigen Ausschuss im Europäischen Parlament den Antrag gestellt, Wasser vom Anwendungsbereich der Konzessionsrichtlinie auszunehmen, so wie es das Parlament beispielsweise für Glücksspiel oder Rettungs- und Katastrophendienste fordert. Leider gibt es dafür weder im Parlament noch im Rat eine Mehrheit, so dass diese Forderung in den jetzt anstehenden Verhandlungen gar nicht mehr debattiert werden wird.

Wir hätten uns ferner eine Richtlinie gewünscht, die lediglich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes kodifiziert, jedoch nicht, wie jetzt, durch Detailregelungen das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen und Regionen immer weiter aushöhlt.

Aller angestrebten Verbesserungen zum Trotz sehe ich kaum Chancen, dass der Kompromiss über die gesamte Richtlinie, der am Ende der Verhandlungen zwischen Rat und Parlament stehen wird, von unserer Fraktion unterstützt werden kann.

2) Die von Ihnen angesprochene Steering Group wurde im Rahmen der European Innovation Partnership on Water eingesetzt. Die Zusammensetzung finden Sie hier: http://ec.europa.eu/environment/water/innovationpartnership/pdf/steering_group.pdf

Desweiteren existiert speziell zum Thema der öffentlichen Auftragsvergabe eine "Stakeholder-Expertengruppe für das öffentliche Auftragswesen". Auch hier sind die Namen der Mitglieder auf der Internetseite der Europäischen Kommission einsehbar, aber eben leider nur die Namen, d.h. keine weiteren Angaben zur beruflichen Tätigkeit, sie müssen sich nicht in das Transparenzregister für Lobbyisten eintragen, das Europäische Parlament erhält weder Einladungen noch Protokolle der Treffen der Gruppe usw. Diese mangelnde Transparenz ist wirklich ärgerlich.

3) Formal liegt die Zuständigkeit für die Steering Group bei Janez Potocnik, dem Kommissar für Umwelt, laut Kommissionswebsite hat er die Mitglieder eingeladen.

4) Öffentlicher Druck ist sehr hilfreich.

Eine erste Reaktion auf die breite öffentliche Diskussion in vor allem Deutschland und Österreich gibt es ja bereits: Kommissar Barnier hat in der Sitzung des Binnenmarktausschusses am 21. Februar zugesagt, das Thema Mehrspartenstadtwerke nochmals zu prüfen. Ein Stadtwerk, das rein öffentlich sei und Dienstleistungen im Wasserbereich für die Eignerkommune erbringe, könne nicht nur deshalb zu einer europaweiten Ausschreibung des Wasserbereichs verpflichtet werden, weil das Stadtwerk auch Leistungen im liberalisierten Energiebereich anbiete. Aber: Der Teufel liegt im Detail, noch liegt uns kein schriftlicher Vorschlag der Kommission vor. Da werde ich wachsam sein.

Und dann ist es natürlich wichtig, dass die Kommunen sich darüber bewusst sind, welche Veränderungen auf sie zukommen können. Denn das ist ganz wichtig: die Richtlinie schreibt keine Privatisierung vor, das darf eine europäische Richtlinie gar nicht. Sie erschwert allerdings die Dinge für die Kommunen, z.B. wenn sie bei der Erbringung von Dienstleistungen kooperieren, das ist das Problem. Dennoch müssen die Kommunen auf der Hut bleiben, damit sie den verbleibenden politischen Spielraum nutzen können.

Das ist jetzt sehr ausführlich geworden, aber ich wollte die Zusammenhänge nicht zu sehr verkürzen. Ich hoffe, damit konnte ich Ihre Fragen beantworten.

Mit freundlichem Gruß

Heide Rühle