Frage an Heide Rühle von Verena R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Am 23. Oktober 2012 wird im Plenum über das ACAA-Abkommen mit Israel abgestimmt. Mit diesem Abkommen wird Israel wesentlich mehr Produkte zollfrei in die EU einführen. Wie Sie sicher wissen, werden zahlreiche vom Staat Israel als "israelische Produkte" gekennzeichnete Waren in den eindeutig völkerrechtswidrigen Siedlungen in der Westbank hergestellt. Sehr problematisch ist beispielsweise der pharmazeutische Bereich, der unter das ACAA-Abkommen fallen wird. Es ist zu befürchten,dass das bisherige Verfahren, mit dem in der EU die Siedlungsprodukte herausgefiltert werden sollen, nämlich nach den Postleitzahlen, ungeeignet ist, um diese Produkte wirklich zu erkennen, denn oft gibt es einfach eine Briefkastenadresse in der Nähe des Flughafens. Die israelischen Agrarexportunternehmen werfen sowieso alle Erzeugnisse zusammen, gleichgültig, woher sie kommen. Hier ist eine Unterscheidung völlig unmöglich.
Besorgniserregend ist auch der Umgang des Staates Israel mit den PalästinenserInnen, die Menschenrechtsverletzungen haben sich gerade in den vergangenen Jahren nochmals ganz erheblich verschärft. Für die PalästinenserInnen mit israelischem Pass sind in diesem Zusammenhang zahlreiche neue rassistische Gesetze und beispielsweise der Prawer-Plan, der die Zwangsumsiedlung von 30 bis 40 000 israelischen PalästinenserInnen im Negev vorsieht und bei EU-Abgeordneten erhebliche Besorgnis auslöst, zu nennen. Gleichzeitig geht die völkerrechtswidrige Gaza-Blockade ungehindert weiter, PalästinenserInnen in der Westbank sind durch die Siedlungspolitik bedroht.
Ist der Abschluss des ACAA-Abkommens mit Israel in dieser Situation überhaupt politisch gerechtfertigt? Wird damit nicht beispielsweise die Annäherung Israels an die EU, die seit dem Gaza-Krieg auf Eis liegt, durch die Hintertür durchgesetzt? Ist es überhaupt möglich zu verhindern, dass Produkte, die in den völkerrechtswidrigen Siedlungen produziert werden, als israelische Waren zollfrei in die EU eingeführt werden?
Sehr geehrte Verena Rajab,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Der zuständige Ausschuss für internationalen Handel (INTA) hatte sich 2010 dafür entschieden, das Abkommen zwischen der EU und Israel "einzufrieren". Die grüne Fraktion unterstützte dies damals, und auch jetzt stimmten wir dafür, es vorerst in diesem Zustand zu belassen.
Es scheint keine verlässliche Möglichkeit zu geben sicherzustellen, dass nur Produkte aus Israel, und nicht auch aus den besetzten Gebieten, von dem Abkommen profitieren. Vor dem Hintergrund der umstrittenen Siedlungspolitik, die auch von den Institutionen der EU kritisiert wurde und wird, hat das Abkommen durchaus eine politische, und nicht nur eine technische Bedeutung. Unserer Meinung nach ist es unglücklich, die Beziehungen zwischen der EU und Israel jetzt in dieser Art und Weise zu intensivieren.
Mit freundlichen Grüßen
Heide Rühle