Frage an Heide Rühle von Hermann A. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Rühle,
wie positionieren Sie sich zum ACTA-Abkommen? Wir werden Sie hierzu öffentlich in den Medien dazu Stellung nehmen?
Vor allem in Hinblick, das Kader Arif seinen Rücktritt erklärte. Er ist der Mann, der vom EU-Parlament in die Verhandlungen entsendet wurde, um das EU-Parlament daraufhin über ACTA zu informieren, aufzuklären und zu "schulen".
Herr Arif hält es schlicht und einfach für undemokratisch.
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Hermann Allgaier
Sehr geehrter Herr Allgaier,
vielen Dank für Ihre Frage zum "Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA)", die ich Ihnen gerne beantworte.
Das Abkommen wurde ja bereits im Ministerrat unterzeichnet, doch damit es letztlich in Kraft tritt, muss zuvor das Europäische Parlament zustimmen. Die Fraktion der GRÜNEN im Europäischen Parlament hatte die vorschnelle Unterzeichnung durch den Rat heftig kritisiert: http://www.greens-efa.eu/durchsetzung-von-marken-und-urheberrecht-5090.html http://www.greens-efa.eu/durchsetzung-von-marken-und-urheberrecht-5090.html Auch das Zustandekommen des Abkommens ist fragwürdig: ACTA wurde unter Geheimhaltung und ohne Beteiligung des Europäischen Parlaments, der Zivilgesellschaft geschweige denn der Öffentlichkeit verhandelt.
Ich und auch meine Kollegen in der Fraktion GRÜNE/EFA im Europäischen Parlament werden dem Abkommen in dieser Form unter keinen Umständen zustimmen. Wir werben offensiv dafür, dass das Abkommen in dieser Form keine Mehrheit im Parlament findet.
ACTA könnte unter anderem zur Folge haben, dass Internetprovider den Datenverkehr ihrer Kunden verstärkt überwachen müssten, um nicht für Urheberrechtsverleztungen haftbar gemacht zu werden. Zwei Gutachten, die im Auftrag der GRÜNEN Fraktion im Europäischen Parlament erstellt wurden, beschäftigen sich mit der Einschränkung von Grundrechten ( http://en.act-on-acta.eu/images/6/6f/ACTA_and_fundamental_rights.pdf http://en.act-on-acta.eu/images/6/6f/ACTA_and_fundamental_rights.pdf ) und mit der Einschränkung des Zuganges zu Medikamenten ( http://en.act-on-acta.eu/images/0/0d/Access_to_medicines.pdf http://en.act-on-acta.eu/images/0/0d/Access_to_medicines.pdf ) durch ACTA. Die Gutachten kommen zu dem Schluss, dass ACTA nicht nur wichtige Grundrechte von EU-Bürgern einschränkt, sondern Entwicklungsländern auch den Zugang zu lebenswichtigen und erschwinglichen Medikamenten erschwert.
Derzeit erarbeitet der federführende Ausschuss für internationalen Handel (INTA) eine entsprechende Beschlussempfehlung für das Europäische Parlament. Zunächst hatte der INTA-Ausschuss den Sozialdemokraten Kader Arif zum Berichterstatter ernannt und ihn gebeten, eine entsprechende Beschlussempfehlung vorzubereiten. Wie Sie ja selbst wissen ist Herr Arif jedoch von dieser Aufgabe nun zurückgetreten. Nun muss im Ausschuss ein neuer Berichterstatter gewählt werden. Der Ausschuss für bürgerliche Freiheitenm Justiz und Inneres (LIBE) plant als beratender Ausschuss vor der Abstimmung noch einmal eine Stellungnahme zur Grundrechteverträglichkeit von ACTA abzugeben.
Mit freundlichen Grüßen
Heide Rühle