Frage an Heide Rühle von Manfred S. bezüglich Umwelt
Sehr geehrte Frau Rühe,
da Sie als die Europa-Abgeordnete der Grünen in Brüssel für europäische Interessen und Belange zuständig sind, hätte ich da einmal eine Frage. Wird in allen Ländern der EU beim Gewässerschutz der gleiche Maßstab angelegt, oder kann jedes Land nach seinem Gutdünken verfahren? Als wir im April 2010 mit einem Hausboot auf dem Rhein-Marne-Kanal und auch auf dem Saarkanal unterwegs waren stellte sich die Frage.
Bei der Einweisung in die Technik des Bootes erklärt man, die Fäkalabfälle werden direkt in den Kanal entsorgt. Zitat: „Das ist in Frankreich so, das sehen die nicht so eng.“ Am zweiten Tag befuhren wir den Saarkanal in Richtung Saralpe. Zwischen Mittersheim und Harskirchen liegt bei Kanalkilometer 29 der Neuweyerhof. Dort wurden wir Zeuge, wie die Fahrerin eines großen Traktors den angekoppelten Güllewagen rückwärts an den Saarkanal fuhr und - wir konnten es nicht glauben - sie pumpte kein Wasser aus dem Kanal....... Bilddokument vorhanden.
Da fiel uns wieder das Zitat ein: „Das ist in Frankreich so, das sehen die nicht so eng.“
Wenn nun meine geografischen Kenntnisse nicht ganz aus dem Ruder laufen, dann fließt doch der Saarkanal – Saar weiter nach Deutschland, dort in die Mosel und danach in den Rhein.
In Deutschland werden überall mittels Kläranlagen die Abwässer gereinigt und genau auf die Sauberkeit der in die Flüsse geleiteten Wässer geachtet. Da stellt sich doch zwangsläufig die Frage: „Ist das in Frankreich nicht auch so, wenn ja warum?“
Es wurden wieder Erinnerungen wach an die sichtbaren, unterschiedlichen Wasserqualitäten, die zu DDR Zeiten im Mündungsbereich von Werra und Fulda in Hannoversch-Münden zu bestaunen waren.
Interssant wäre es zu erfahren, ob es in Frankreich tatsächlich nicht so eng gesehen wird, da sich dort das Problem ja fließend löst, und, ob es innerhalb der EU keine Möglichkeiten gibt diese schon jahrelang vorhandenen Zustände zu verbessern.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Schaaf
Sehr geehrter Herr Schaaf,
vielen Dank für Ihre Frage.
Im Bereich der Landwirtschaft ist die "Richtlinie zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen" relevant. Die deutsche Verordnung, die diese Richtlinie umsetzt, untersagt die von Ihnen beobachtete Praktik auf jeden Fall. Sie setzt damit die europäische Vorschrift um, Abstandsregelungen zu Gewässern zu erlassen, um zu hohe Nitratbelastungen zu vermeiden.
Eine weitere zentrale europäische Rechtsvorschrift zum Gewässerschutz ist die Wasserrahmenrichtlinie aus dem Jahr 2000. Ziel dieser Richtlinie ist es, eine weitere Verschlechterung der Gewässer zu vermeiden sowie ihren Schutz und Zustand zu verbessern.
Wie Sie ja schon richtig feststellen, macht Wasser ja nicht an Staatsgrenzen Halt, deswegen ist ein europäischer Ansatz sinnvoll. Bei grenzüberschreitenden Gewässern müssen die jeweiligen Mitgliedstaaten und ihre Behörden gemeinsam handeln. Gleichzeitig wird die Richtlinie aber dennoch in den einzelnen Mitgliedstaaten umgesetzt. Dazu mussten die Mitgliedstaaten in den letzten Jahren den Zustand ihrer Gewässer analysieren und spätestens bis zum Jahr 2009 Maßnahmenprogramme erstellen.
Allerdings beklagt die Europäische Kommission, dass die Richtlinie noch nicht überall und nicht vollständig umgesetzt wurde. Dazu will sie auch demnächst einen Bericht vorlegen.
Darüber hinaus sind Kontrollen in den Mitgliedstaaten wichtig und auch in der Wasserrahmenrichtlinie vorgesehen, aber auch diese können natürlich nicht verhindern, dass es Fälle gibt, in denen sich jemand nicht an die Vorschriften hält.
Ich hoffe, damit konnte ich Ihre Frage beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Heide Rühle