Portrait von Hedi Wegener
Hedi Wegener
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hedi Wegener zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Stefan D. •

Frage an Hedi Wegener von Stefan D. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Wegener,

mich interressiert wirklich sehr wie Ihre Meinung zum Lissaboner Vertag ist. Haben Sie darüber abstimmen dürfen? Wenn ja: Wie kann es sein das Sie Ihre von uns gegebene Kompetenz der Handlung einfach an Brüssel abgeben? Wie haben Sie es geschafft sich über die genauen Inhalte zu informieren obwohl der Vertrag den Abgeordneten erst ein Woche vor Abstimmung vorlag? Ich hoffe doch das Sie nicht sämtliche Kompetenzen an Brüssel abgegeben haben, ohne sich dieses Leitwerk an Verweißen einmal genauer anzusehen. Weil es mir ziemlich unwarscheinlich vorkommt dies innerhalb nur einer Woche zu schaffen. Was sagen Sie zu dem Vortrag von Prof. Schachtschneider welcher auf you tube öffentlich zugänglich ist?

Portrait von Hedi Wegener
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Durst,

der Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis ist mir außerordentlich wichtig und eine Grundlage für die Ausübung meines Mandates. Ich beantworte jedes Schreiben, das aus meinem Wahlkreis Lüneburg-Lüchow-Dannenberg persönlich an mich gerichtet wird. Täglich erreicht mich daher eine Vielzahl von Anliegen.

Bei abgeordnetenwatch.de fehlt mir jedoch die persönliche Komponente. Ich weiß nicht ob hinter dem frei wählbaren Namen eine reale Person mit einem ehrlichen Anliegen aus meinem Wahlkreis steckt. Daher bitte ich um die Zusendung der postalischen Adresse hedi.wegener@bundestag.de und werde Ihr Anliegen dann sehr gerne auf postalischem Wege beantworten.

Mit freundlichen Grüßen
Hedi Wegener

Anmerkung der Redaktion
Dieser Text ist ein Standard-Textbaustein, der die Frage nicht beantwortet. Wir zählen sie daher nicht in der Statistik.
Portrait von Hedi Wegener
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Durst,

vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de, in der Sie sich nach meiner Meinung zum Vertrag von Lissabon erkundigen. Gerne nehme ich dazu Stellung.

Dem Vertrag von Lissabon haben der Bundestag am 24. April 2008 und der Bundesrat am 23. Mai 2008 zugestimmt. Die vom Grundgesetz vorgegebene Zweidrittelmehrheit wurde dabei sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat deutlich übertroffen (Bundestag: 515 Ja, 58 Nein, 1 Enthaltung; Bundesrat: 1 Enthaltung, sonst Zustimmung). Die Ratifizierung des EU-Reformvertrags von Lissabon in Deutschland ist deshalb verfassungsgemäß und demokratisch legitimiert.

Wir brauchen den Vertrag, da er wichtige Neuerungen enthält, die die europäischen Institutionen demokratischer, handlungsfähiger und transparenter gestalten würden. Der geltende EU-Vertrag von Nizza und dessen Regelungen waren für eine EU bestehend aus 15 Mitgliedsländer ausgelegt; mittlerweile (und erfreulicherweise) ist die EU um 12 weitere Staaten angewachsen. Die Erweiterung in den Jahren 2004 und 2007 hat erheblich dazu beigetragen, dass die Teilung des europäischen Kontinents überwunden werden konnte. Doch gleichzeitig ist die EU aus dem Vertrag von Nizza entwachsen.

Seit der letzten Anpassung der EU-Verträge in Nizza im Jahr 2001 sind zwölf Staaten der EU beigetreten. Die EU hat sich dadurch von 15 auf 27 fast verdoppelt. Ein effektives und effizientes Handeln wurde der EU dadurch erschwert. Es ist leicht verständlich, dass 15 Staaten Entscheidungen einfacher treffen können als 27 Staaten. Zumal die EU vor allem aufgrund des Beitritts der zehn ost- und mitteleuropäischen Staaten heute heterogener ist als noch vor vier Jahren.

Vor diesem Hintergrund bringt der Vertrag von Lissabon der Europäischen Union mehr Handlungsfähigkeit, mehr Demokratie und - wenn auch nicht im Vertragstext - mehr Transparenz. Die Grundrechtecharta wird rechtsverbindlich, das Europäische Parlament (EP) wird in der Gesetzgebung gleichberechtigt, und die nationalen Parlamente bekommen eine eigenständige Rolle in Subsidiaritätsfragen.

Zukünftig soll bereits ein Viertel der Mitglieder des Bundestages eine Klage des Parlaments vor dem Europäischen Gerichtshof auslösen können, falls die Abgeordneten der Meinung sind, die EU verstoße mit einem entworfenen Rechtsakt gegen das Subsidiaritätsprinzip. - Subsidiarität bedeutet, dass Regelungen möglichst auf der Ebene (EU, Bundestag, Bundesländer oder Kommunen) getroffen werden sollen, die den Bürgerinnen und Bürgern am nächsten ist. Dadurch werden die parlamentarischen Rechte des Bundestages gestärkt, nicht geschwächt.

Der Deutsche Bundestag und die SPD-Bundestagsfraktion haben im Jahr 2006 jeweils Verbindungsbüros in Brüssel geschaffen. Diese Büros sollen dazu beitragen, den Bundestag, konkret die betreffenden Ausschüsse und Abgeordneten möglichst frühzeitig über Diskussionen und geplante Rechtsakte der EU zu informieren. Dadurch werden die Einflussmöglichkeiten des Bundestages auf die Rechtsetzung der EU wesentlich verbessert.

Sie kritisieren in Ihrem Schreiben die Tatsache, dass nationale Kompetenzen an die Europäische Union abgegeben werden. Dabei vergessen Sie allerdings, dass die Übertragung vormals nationaler Zuständigkeiten an die EU der Kern der europäischen Integration ist. Schon mit der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) im Jahr 1951 übertrugen die sechs Gründungsstaaten die Kompetenz der Zollpolitik für die Güter Kohle und Stahl an eine ihnen übergeordnete Behörde. Das Ziel war damals wie heute, einen gemeinsamen europäischen Markt zu schaffen, Vertrauen durch Zusammenarbeit zu stiften und infolgedessen Frieden und Wohlstand in Europa zu fördern. Die Übertragung von Zuständigkeiten an die EU ist also nicht neu und hat sich bewährt. Wer jetzt den Vertrag von Lissabon dafür kritisiert, dass er das Prinzip der europäischen Integration bestätigt, stellt den Jahrzehnte alten Prozess und Erfolg der europäischen Einigung in Frage. Für mich wäre damit ein Punkt erreicht, an dem eine Diskussion zwecklos wird.

Zumal der Vertrag von Lissabon nicht grundsätzlich etwas an den Zuständigkeiten ändert: Es gilt (weiterhin, wie schon im geltenden Nizza-Vertrag) Artikel 5 Absatz 1 des EU-Vertrages (nach Lissabon): "Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union gilt der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung." Das heißt, die EU ist nur in den Bereichen zuständig, die ihr durch die Verträge übertragen worden sind (die ausschließlichen und geteilten Zuständigkeitsbereiche der Union sind in den neuen Artikeln 2 b und 2 c des AEUV aufgeführt; ausschließlich zuständig ist die EU vor allem bei der Wettbewerbs-, Zoll- sowie Handels- und Währungspolitik).

Eine "Generalvollmacht" (die sogenannte Kompetenz-Kompetenz) hatte die Europäische Kommission nie und wird sie auch zukünftig nicht haben. Welche Zuständigkeiten die EU ausüben darf, steht in den EU-Verträgen. Und die Verträge werden von den mittlerweile 27 EU-Staaten verhandelt, unterzeichnet und müssen schließlich von 27 nationalen Parlamenten sowie dem EP ratifiziert werden.

Mit freundlichen Grüßen
Hedi Wegener