Frage an Harald Wolf von Peter H. bezüglich Soziale Sicherung
Werter Herr Wolf,
wir hatten hier in diesem Forum bereits zur Wahl 2006 wegen der überhöhten BSR Gebühren ausgetauscht. Wie Sie inzwischen ja erfahren haben entsprachen die damals von mir Ihnen genannten Zahlen dem tatsächlichen Zustand.
Nunmehr treten Sie als Bürgermeisterkandidat an und ich hätte da drei Fragen:
1. Wie stehen Sie zur Einführung eines "bedingungslosen Grundeinkommens für Alle (bGE)" welches dem Kapital und der Kapitalwirtschaft die dazu benötigten Mittel, steuerlich und gesetzgebend im GG verankert, abverlangt und wie stehen Sie zu den unterschiedlichen Interpretationen dessen Machbarkeit in Ihrer Partei (z.b. Katja Kipping, Lucy Redler) gegenüber?
2. Würden Sie das Föderale System verlassen um als eigenständiges Land dann eigenverantwortlich über die Landesgelder verfügen zu können und so den sozialen Ungerechtigkeiten in Berlin dann begegnen zu können?
3. Würden Sie hier in Berlin gegebenenfalls eine Koalition mit der DKP eingehen um Ihre Wahlziele verwirklichen zu können?
Sehr geehrter Herr Heimann,
haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen.
Zu 1.
Ich stehe der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens skeptisch gegenüber, und zwar vor allem aus folgendem Grund: Es ist zu befürchten, dass viele Unternehmen darauf setzen werden, dass die bei ihnen beschäftigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch das Grundeinkommen finanziell abgesichert sind und dass sie entsprechend nur noch minimale Zusatzlöhne zu zahlen bereit sind. Das bedingungslose Grundeinkommen wäre damit ein flächendeckendes Kombi-Lohn-Modell, das Lohndrückerei mit sich bringt. Die Folge wäre eine noch stärkere Umverteilung zuungunsten der Arbeitseinkommen. Ich setze statt dessen auf eine repressionsfreie Grundsicherung und auf einen tarifgebundenden, öffentlichen Beschäftigungssektor, über den Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanziert wird. Den Ausgang des Diskussionsprozesses um das bedingungslose Grundeinkommen innerhalb der Partei DIE LINKE vermag ich nicht vorherzusehen.
Zu 2.
Nein, ich bin nicht für eine Aufspaltung der Bundesrepublik in kleinere selbständige Einheiten. Die vom Grundgesetz geforderte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ist richtig und dazu braucht es auch Ausgleichsmechnismen zwischen starken und schwächeren Ländern. Größtes Problem ist momentan, die seit Jahren auf Bundesebene beschlossenen Steuergesetze, die die Länder und Kommunen (Berlin ist als Stadtstaat beides gleichzeitig) zu immer neuen Einschnitten bei den öffentlichen Leistungen zwingen. Allein die Steuerreformen der Rot-Grünen und der Großen Koalition haben zu Einnahmeausfällen von ca. 300 Milliarden Euro geführt. Das Land Berlin muss deshalb auf jährliche Einnahmen von ca. 1,5 Milliarden Euro verzichten. Mit diesem Geld ließe sich in Berlin für Bildung, Verkehr oder Kultur sehr, sehr viel tun. Mein Credo also ist: Notwendig ist eine gerechte Steuerpolitik (z.B. Vermögenssteuer), kein Separatismus.
Zu 3.
Nein, die DKP hat ein autoritäres Politikverständnis, das mit den demokratischen Ansprüchen einer modernen linken Partei wie der LINKEN nicht vereinbar ist.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Wolf