Harald Wolf
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Frage von Charles M. •

Frage an Harald Wolf von Charles M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Wolf,

wie stehen Sie zur Stasi Überprüfung aller Abgeordneten und allen Mitarbeitern in öffentlichen Ämtern?

Mit freundlichen Grüßen
C. Müller

Harald Wolf
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Müller,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Schon jetzt trägt ein großer Teil der Berliner Polizistinnen und Polizisten ein Namensschild. Die individuelle Kennzeichnungspflicht wird über eine Dienstvorschrift des Polizeipräsidenten geregelt. Darin werden die Dienstkräfte der Polizei verpflichtet, entweder einen Namen oder eine individuelle Nummer zu tragen. Diese Dienstvorschrift ist bereits seit Anfang 2011 in Kraft, zurzeit gilt aber noch eine Übergangsregelung. Das ist zum einen nötig, weil die Herstellung der ca. 16.000 Schilder für die Kennzeichnung erst vergaberechtlich ausgeschrieben musste. Die Herstellung ist nun im Gange. Zum anderen war der Aufbau einer Datenbank notwendig, damit in jedem Falle ein Rückschluss von der Kennzeichnung auf die individuelle Person möglich ist. Dabei musste der Berliner Datenschutzbeauftragte einbezogen werden, damit die Umsetzung auch datenschutzrechtlich einwandfrei verläuft. Aktuell kommt es zu Verzögerungen, weil der Personalrat auf Betreiben der Polizeigewerkschaften die Datenbank abgelehnt hat - und das, obwohl diese eigentlich zum Schutz der Polizistinnen und Polizisten da ist, damit anstatt eines Namens auch eine Nummer getragen werden kann.

Das alles bedeutet einigen organisatorischen und zeitlichen Aufwand. Die Kennzeichnungspflicht als Ganzes kann aber nicht verhindert werden: Kommt keine Einigung mit dem Personalrat zustande, kann der Senat per Beschluss die Kennzeichnungspflicht durchsetzen. Möglicherweise wird es auch Klagen gegen die Regelung geben. Wir gehen aber davon aus, dass die individuelle Kennzeichnungspflicht für die Polizisten sowohl im täglichen Einsatzdienst als auch im geschlossenen Einsatz innerhalb der zweiten Jahreshälfte von 2011 umgesetzt ist.

Das Berliner Sondereinsatzkommando (SEK) hat übrigens schon seit 2008 eine individuelle Kennzeichnungspflicht. Hier hat es weder einen Anstieg von Anzeigen gegen Polizeibeamte noch sonst irgendwelche Probleme mit der Kennzeichnung gegeben.

Die individuelle Kennzeichnungspflicht gilt für alle uniformierten Polizistinnen und Polizisten des Landes Berlin. Ausnahmen gibt es keine, auch nicht für geschlossene Einsätze wie etwa bei Demonstrationen. Das war seit jeher Forderung der LINKEN und so wird es auch kommen.

In einigen Fällen, z.B. bei Großeinsätzen wie am 1. Mai, leisten Einsatzkräfte aus anderen Bundesländern oder von der Bundespolizei in Berlin Amtshilfe. Diese unterliegen nach wie vor ihren eigenen Kennzeichnungsregeln. Das Land Berlin hätte auch die Möglichkeit, per Gesetz Kennzeichnungsvorschriften für externe Polizisten zu machen, soweit sie in Berlin ihren Dienst tun. Dies war allerdings bislang nicht politisch durchsetzbar, auch wenn Die LINKE dies befürwortet. Das liegt vor allem daran, dass die fortschrittliche Berliner Regelung zur Kennzeichnungspflicht in vielen anderen Bundesländern leider immer noch als etwas Schlimmes und Gefährliches angesehen wird - sowohl bei den politisch Verantwortlichen als auch bei der Polizei selbst. Es ist davon auszugehen, dass dann bei Großeinsätzen keine Bereitschaft der anderen Bundesländer mehr gegeben wäre, ihre Einsatzkräfte in Berlin zur Verfügung zu stellen. Manchmal ist das Land Berlin aber auf die externe polizeiliche Hilfe angewiesen. Hier muss noch eine Menge Überzeugungsarbeit geleistet werden. Wir setzen darauf, dass die Erfahrungen mit der Berliner Kennzeichnungspflicht den Kritikerinnen und Kritikern in der Politik und in den Polizeigewerkschaften zeigen werden, dass die Regelung sich zum Vorteil aller auswirken und keine Nachteile für die Polizeibeamtinnen und -beamten mit sich bringen wird.

Viele Polizistinnen und Polizisten tragen schon jetzt freiwillig ein Namensschild und werden dies auch weiterhin tun. Bei der verpflichtenden Kennzeichnung wurde allerdings den Befürchtungen der Beamtinnen und Beamten, die Kennzeichnung könnte zu einem Anstieg von ungerechtfertigten Anzeigen gegen Polizisten und Angriffen auf das Privatleben führen, Rechnung getragen. Darum soll es in Zukunft auch möglich sein, anstelle eines Namens auch eine Nummer oder eine Nummer- und Buchstabenkombination zu tragen.

Es gibt zwei unterschiedliche Regelung für zwei unterschiedliche Gruppen in der Polizei:

A) Polizistinnen und Polizisten im täglichen Einsatzdienst:

Den Polizistinnen und Polizisten im täglichen Einsatzdienst wird freigestellt, ob sie ein Namensschild tragen wollen oder eine fünfstellige, individuell zugeordnete Nummer. Eins von beidem muss aber getragen werden.

B) Polizistinnen und Polizisten in geschlossenen Einsätzen

In geschlossenen Einsätzen, wie etwa bei politischen Versammlungen, müssen die Polizisten eine fünfstellige "taktische Kennzeichnung" tragen, die ebenfalls den Rückschluss auf die individuelle Person zulässt. Diese taktische Kennzeichnung ist eine Kombination aus Zahlen und Buchstaben und setzt sich folgendermaßen zusammen (von links nach rechts):

1.eine Ziffer für die Bereitschaftspolizeiabteilung oder ein Buchstabe
für Einsatzeinheiten aus den örtlichen Direktionen (A = Dir. 1, B = Dir.
2 usw.),
2.eine Ziffer für die Einsatzhundertschaft einer
Bereitschaftspolizeiabteilung oder
- der Buchstabe »Z« für die Zentrale Diensthundeführereinheit oder
- der Buchstabe »T« für die Technischen Einsatzeinheiten oder
- die Ziffer 1 für eine Einsatzhundertschaft der örtlichen Direktionen oder
- die Ziffer 2 für eine Abschnittshundertschaft,
3.eine Ziffer für den Zug,
4.eine Ziffer für die Gruppe,
5.eine Ziffer/ein Buchstabe als individuelle Kennzeichnung.
Beispiele einer individuellen Kennzeichnung in geschlossenen Einsätzen:

»13435«
13. Einsatzhundertschaft der Bereitschaftspolizei, 4. Zug, 3. Gruppe,
Polizist/in 5

»D121F«
Einsatzhundertschaft der Direktion 4, 2. Zug, 1. Gruppe, Polizist/in F

Die Kennzeichnung bei den Polizist/innen im täglichen Dienst, also entweder Name oder Nummer, befindet sich auf Höhe der Brusttasche auf der Uniform. Die Einsatzkräfte in den geschlossenen Einheiten tragen die fünfstellige taktische Kennzeichnung auf einem gut sichtbaren, 20x20 cm großen Schild auf dem Rücken.

Irgendeine Möglichkeit, die Kennzeichnung zu verdecken oder sonst irgendwie zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht sichtbar zu machen, wird es immer geben. Geschieht dies absichtlich, macht sich die Polizistin/der Polizist einer Verletzung der Dienstvorschriften schuldig.

Wird man Zeuge eines solchen Fehlverhaltens, ist es in jedem Falle ratsam, dies - wenn möglich - gut zu dokumentieren und der zentralen Beschwerdestelle der Polizei mitzuteilen: http://www.berlin.de/polizei/service/beschwerde.html Man kann sich auch jederzeit an die Abgeordneten der LINKEN wenden, die solche Beschwerden weitergeben und ggf. im Parlament politischen Druck aufbauen können.

Mit freundlichen Grüßen
Harald Wolf