Harald Wolf
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Frage von Rolf C. •

Frage an Harald Wolf von Rolf C. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Wolf,

meine eigenen Kinder, die unterschiedliche Neuköllner Schulen besuchen, aber auch deren wenige deutschen Mitschüler, beklagen sich seit geraumer Zeit über Mobbing und tätliche Übergriffe seitens ihrer zumeist türkisch- und arabischstämmigen Mitschüler. Worte wie Schweinefresser, Scheiß Deutscher oder deutsche Hure gehören zum gebräuchlichen Umgangston, ohne dass die Schulleitungen trotz mehrfacher Beschwerden etwas dagegen unternehmen. Was tun Sie gegen das Phänomen?

Rolf Christians

Harald Wolf
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Christians,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Für die von Ihnen geschilderten Probleme habe auch ich keine einfache und schnelle Lösung parat.

Für mich sind diese Situationen immer auch Ausdruck des Scheiterns einer jahrezehntelangen Integrationspolitik, die diesen Namen nicht verdient. Das Wort "Gastarbeiter" war über Jahrzehnte prägend auch für den Umgang mit den Eingewanderten und ihren Familien. Deutschland wollte billige Arbeitskräfte auf Zeit und hat Menschen mit Familien bekommen. Diese dem Grunde nach ablehnende Haltung der deutschen Mehrheitsgesellschaft gegenüber den Eingewanderten hatte weitreichende Wirkung auf die Betroffenen und ihre Kinder. Der ausgestellte Hass und die auftrumpfende Gehabe einiger Jugendlicher ist auch Ausdruck einer pubertären Verarbeitung dieser Generationenerfahrung. Hinzu kommt die Konzentration von Einwanderergruppen in bestimmten Stadtquartieren, die einer Integration nicht zuträglich ist.

Aber das legitimiert selbstverständlich weder Mobbing noch Beleidigung und schon garnicht tätliche Übergriffe. Und natürlich fordern Sie völlig zu recht ein, das solche Verhaltensweisen von Schulleitungen ernst genommen und auf diese auch reagiert wird. Berlin ist zwar durchaus in der Integrationspolitik gerade im Bereich der Bildung ein gutes Stück vorangekommen. Das heisst allerdings nicht, dass es keine Probleme mehr gibt.

Das Lehrpersonal muss bei verbalen oder tätlichen Angriffen - gleich von wem sie kommen - einschreiten. Und die Politik muss weiter an der Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Bildungsbereich arbeiten. Lernmotivation entsteht nur, wenn Jugendliche sich akzeptiert fühlen und reale Chancen für sich erkennen können, daß Bildungsbemühen sich auch in Ausbildungs- und Arbeitplätzen auszahlt. Hier haben wir noch eine Menge Arbeit vor uns.

Im Konkreten müssen Lehrerinnen und Lehrer aber ermutigt und unterstützt werden, Ihren Job machen zu können. Dazu gehört eine ordentlichen Personalausstattung an Schulen. Es ist in der Regel ja nicht so, daß das Lehrpersonal absichtsvoll wegschaut. Vielmehr ist es häufig eher Überforderung, wenn nicht mehr angemessen reagiert werden kann.

Als erfolgreich hat sich auch erwiesen, wenn es einen engen Kontakt mit den Präventionsteams der Polizei und den örtlichen Abschnitten gibt. Dafür gibt es gute Beispiele. Denn auch wenn jugendliche Delinquenz Folge gesellschaftlicher Fehlentwicklungen ist, müssen die Grenzen im menschlichen Umgang miteinander deutlich gesetzt und auch durchgesetzt werden. Auch Sozialarbeiter an Schulen, deren Zahl wir erhöht haben, sind ein wichtiges Instrument, um das Lehrpersonal zu entlasten, Elternarbeit zu leisten und den Umgang der Jugendlichen untereinander zu begleiten.

Mit freundlichen Grüßen
Harald Wolf