Frage an Harald Weinberg von Sebastian P. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Weinberg,
ich schreibe Ihnen, weil Sie Stellvertretender Vorsitzender des Gesundheitsausschusses sind - und zudem eine sinnvolle Cannabispolitik im Besonderen und eine sinnvolle Drogenpolitik im Allgemeinen befürworten.
Im Zuge der im März 2017 in Kraft getretenen Gesetzesänderung die Verschreibungsfähigkeit von cannabinoidhaltigen Medikamenten betreffend, hat sich die Gesetzeslage für alle Betroffenen deutlich verbessert. Dafür und insbesondere für die vom Gesundheitsausschuss angeregten Änderungen das SGB V § 39 betreffend möchte ich mich beim Gesundheitsausschuss und bei Ihnen bedanken. Doch praktisch ist es leider so, dass Patient*innen trotz eindeutiger Therapieempfehlungen ihrer Ärzt*innen eine Kostenübernahme seitens der Krankenkassen bzw. des MDK verwehrt wird. Auch die Kostenexplosion der Preise für Cannabisblüten in den Apotheken ist ein riesiges Problem für Patient*innen, die sich im ihre Medizin - wenn sie schon nicht von der Krankenkasse bezahlt wird - schlichtweg nicht leisten können.
Um es abzukürzen: Wann können Patient*innen (und im Übrigen auch Ärzt*innen, die einen enormen Aufwand betreiben müssen und zum Teil Widerspruchs- oder sogar Gerichtsverfahren begleiten müssen) mit einer Verbesserung der Versorgungssituation rechnen? Besteht zeitnah die Möglichkeit, dass das Gesetz so wie es vom Bundestag beschlossen wurde, d. h. ohne teils unverschämte Intervention des MDK, auch tatsächlich in der Praxis, d. h. von den Gesetzlichen Krankenkassen, umgesetzt wird?
Freundliche Grüße
S. P.
Sehr geehrter Herr P.,
auch wir freuen uns, dass der lange Kampf um Verbesserungen bei der medizinischen Anwendung von Cannabis endlich Früchte getragen hat.
Wir haben diesem Gesetz zwar zugestimmt, weil es erhebliche Verbesserungen für die betroffenen Patientinnen und Patienten bringt. Aber schon damals haben wir gewarnt, dass die Krankenkassen respektive der MDK den Erstattungsanspruch der Betroffenen aushebeln könnten. Nicht zuletzt deshalb wurde in letzter Sekunde ein Änderungsantrag beschlossen, der festlegt, dass Ablehnungen der Krankenkassen "nur in begründeten Ausnahmefällen" erfolgen dürfen. Die Erstattungspraxis sieht heute leider anders aus. Das liegt auch daran, dass es nach wie vor zu wenig wissenschaftlich anerkanntes Wissen zu Anwendungsgebieten für Cannabis gibt.
DIE LINKE fordert seit Jahren, dass aus dem Bundeshaushalt Studien zu vernachlässigten Forschungsgebieten finanziert werden.
Hier wäre Cannabis sicher ein wichtiges Forschungsfeld, um mehr Klarheit über die sinnvollen Anwendungen zu bringen und damit Rechtssicherheit für die Patientinnen und Patienten zu bringen. Bis dahin erwarten wir, dass die Krankenkassen den Wortlaut des Gesetzes umsetzen und aus Ablehnungen tatsächlich eine Ausnahme machen.
Auch zu den gestiegenen Preisen in den Apotheken haben wir uns klar positioniert. Der Anstieg resultiert aus Prüfpflichten, die bei allen individuell hergestellten oder abgefüllten Arzneimitteln in der Apotheke anfallen (Rezepturaufschlag). Wir sind jedoch der Meinung, dass von einer aufwändigen chemischen Prüfung bei Cannabis abgesehen werden kann, da Cannabis leicht an Aussehen und Geruch identifiziert werden kann. Damit entfiele der Rezepturaufschlag und auch Patientinnen und Patienten, die keine Erstattung von der Krankenkasse erhalten, hätten kurzfristig die Möglichkeit, erschwinglich an die Cannabisblüten zu kommen.
Wir werden das Thema sicher weiter verfolgen und bei Regierung und Koalition darauf drängen, dass der gute Versorgungsanspruch auch in der Praxis ankommt. Es darf nicht sein, dass die Entscheidung des Gesetzgebers in der Praxis so weitreichend umgangen wird.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Weinberg MdB
Gesundheitspolitischer Sprecher
der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag