Frage an Harald Weinberg von Georg J. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Weinberg,
die Bundesregierung will kurzfristig im November einen Gesetzentwurf einbringen, der die Beschneidung von nichteinwilligungsfähigen Jungen ohne medizinische Indikation legalisiert. Hintergrund ist ein Urteil des LG Köln von Mai und eine Bundestagsresolution vom 19. Juli 2012. Über 60 Ihrer Kolleginnen und Kollegen haben jetzt einen Alternativentwurf vorgelegt, der die Legalisierung dieses mit Risiken behafteten, schmerzhaften und irreversiblen Eingriffs von der Einwilligung ab dem Alter von 14 Jahren und nur durch zugelassene Fachärzte nach ausführlicher Aufklärung vorsieht.
Können Sie diesem Alternativentwurf zustimmen?
Sind Sie mit mir der Meinung, dass der Gesetzesentwurf der Bundesregierung nicht vereinbar ist mit dem Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2,2 GG), dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3, Satz 1 und 2 und dem Artikel 24,3 der UN-Kinderechtskonvention, der die Vertragsstaaten verpflichtet „alle wirksamen und geeigneten Maßnahmen zu treffen, um überlieferte Bräuche, die für die Gesundheit der Kinder schädlich sind, abzuschaffen"?
Mit freundlichen Grüßen
G. Janßen
Sehr geehrter Herr Jansen,
vielen Dank für ihre Frage. Ich unterstütze nach dem Gegenüberstellen der Argumente den Alternativ-Gesetzentwurf, mein Name steht auch im Kopf dieses Entwurfes.
Bei dieser Frage sind, wie Sie ja wissen, verschiedene miteinander nicht vereinbare Grundrechte gegeneinander abzuwägen. Damit habe ich mir nicht leicht getan. Wesentliche Argumente, die für eine größere Einschränkung der Beschneidung sprechen, haben Sie ja aufgezählt und diese Argumente wiegen für mich im Ergebnis auch schwerer als die der Gegenseite, im Kern also das Recht der Eltern auf religiöse Erziehung ihrer Kinder.
Ich hielte es für problematisch, wenn - gesetzlich legitimiert - Religionsgemeinschaften und deren Bräuche in die Grundrechte der Kinder derart eingriffen. Mit 14 Jahren sehe ich im Normalfall eine geistige Reife gegeben, die es ermöglicht, die Tragweite dieser Entscheidung abschätzen zu können.
Ich kann nachvollziehen, wenn von diesem Alternativ-Gesetzentwurf betroffene Angehörige von Religionsgemeinschaften, bei denen dies schon seit Jahrhunderten und -tausenden Praxis ist, und sie die Beschneidung vielleicht auch nie hinterfragt haben, damit alles andere als einverstanden sind. Deshalb betone ich, dass es nicht mein Ziel ist, diese Religionen auszugrenzen, sondern für eine bessere Durchsetzung der Kinderrechte zu sorgen. Beide Ziele zu erreichen geht nicht, das ist leider unvereinbar. Vergessen darf man jedoch auch nicht, dass es gläubige Menschen in den betroffenen Religionen gibt, die eine Beschneidung ablehnen.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Weinberg