Frage an Harald Terpe von Marco A. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Hr. Dr. Terpe,
Ihre Meinung zum Thema Unsicherheit bei der sog. Atomkraft (eigentlich Kernkraft) kann ich aus mehreren Gründen nicht teilen; ich erachte sie sogar aus einigen Gründen als sachlich falsch:
1. http://de.wikipedia.org/wiki/Naturreaktor_Oklo
Der Naturreaktor in Oklo zeigt uns, dass "Atommüll" über Jahrmilliarden hinweg geologisch sicher verwahrt sein kann, denn nur am Ort des ehemaligen Reaktors wurden Spaltpridukte gefunden und nirgendwo anders auf der Welt.
2. Ihr Beispiel Tschernobyl ist hier untauglich, denn der dortige Reaktor war technisch völlig anders aufgebaut als unsere heutigen Kernkraftwerke, die Wassermoderiert sind, was eine tschernobyl´sche Entwicklung selbst bei gröbstem menschlichen Versagen physikalisch unmöglich macht (der dortige Moderator war Graphit, das bei steigender Temperatur die Kernreaktion intensiviert, dadurch wird es heißer... und wie wir alle wissen brennt Graphit (reiner Kohlenstoff) ab einer gewissen Temperatur, was damals passierte). Desweiteren war die Katastrophe reines menschliches Versagen während eines verantwortunglosen Experiments.
Keine Frage, die Schrecklichkeit der Folgen einer solchen Katastrpohe sind nicht in Worten beschreibbar, ihre Argumentation "Wie wahrscheinlich das Risiko [...] ist, zeigt Tschernobyl." ist allerdings nicht sachlich nachvollziehbar, denn wie groß das Risiko tatsächlich ist, kann sich jeder mit dem Wissen der Unmöglichkeit ausrechnen...
3. Das "Risiko" der deutschen Kernenergie wird früher oder später mindestens Frankreich tragen, nämlich dann, wenn wir durch die Abschaltung unseres eigenen Stromes aus Kernkraft gezwungen sind, unter anderem solchen zu importieren. Frankreich bietet sich durch die Nähe nun mal für einen solchen Import an und erzeugt ca. 80% der elektrischen Energie aus Kernkraft.
Was halten Sie weiter von der Einführung des E10Benzins angesichts Millionen untauglicher Fahrzeuge und der Preisentwicklungen bei Lebensmittels (u.a. Mais wg. Amerika)?
freundliche Grüße
Sehr geehrter Herr Antoni,
Herzlichen Dank für Ihre Anfrage.
Die Nutzung der Atomkraft hat zahlreiche Risiken und Nachteile und wird von uns nicht allein aus Gründen des Strahlenschutzes abgelehnt, so sind die Risiken beim Betrieb enorm. Ein Super-Gau würde ganze Landstriche in Deutschland praktisch unbewohnbar machen - unverantwortlich. Doch auch die Strahlung des Atommülls und die völlig offene Endlagerfrage legen nahe, so rasch wie möglich die Atomkraftnutzung zu beenden.
Und schließlich ist das Problem der Proliferation unkalkulierbar, denn mit der so genannten friedlichen Nutzung der Atomenergie ist unweigerlich die Möglichkeit verbunden, waffenfähige radioaktive Stoffe international zu handeln. Mit seinem Atomausstieg hat Deutschland auch in dieser Frage ein wichtiges international wirksames Zeichen gesetzt und kann glaubhaft gegen die Verbreitung von atomwaffenfähigen Stoffen vorgehen.
Warum der von Ihnen genannte "Naturreaktor" ein gutes Beispiel für die Sicherheit von Atomkraftwerken sein soll, kann ich indes nicht erkennen. Aus meiner Sicht kann man hier lediglich absehen, welche Bedingungen eine sichere Verwahrung von Spaltprodukten begünstigen können. Zumal die natürlich indizierte Kettenreaktion dort bereits vor 1,5 Milliarden Jahren wieder beendet war.
Was das E10-Ziel bei Biokraftstoffen betrifft, so haben wir die einseitige Bevorzugung der Beimischung von Biokraftstoffen gegenüber der Verwendung reiner, in Deutschland erzeugter Bio-Kraftstoffe kritisiert. Solange die nachhaltige Herkunft der Biokraftstoffe nicht nachgewiesen werden kann, sind wir gegen den weiteren Ausbau. Zudem ist die bloße Substitution herkömmlicher Kraftstoffprodukte durch Bio-Kraftstoffe nicht sinnvoll, wenn nicht gleichzeitig alle Anstrengungen zur Reduzierung des Kraftstoffbedarfes unternommen werden und die Klimabilanz dieser Biokraftstoffe deutlicher schlechter ausfällt. Problematisch ist zudem, wenn die stärkere Verwendung von Biokraftstoffen zu einer weltweiten Verteuerung von Lebensmitteln und zu weiteren Rodungen beispielsweise des Regenwaldes führen.
Nähere Infos sowie ein Positionspapier "Bioenergie" findet Sie unter
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Harald Terpe