Frage an Harald Terpe von Jürgen M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Terpe,
Was genau verstehen Sie unter dem derzeit vieldiskutierten Begriff "Online-Durchsuchung"? Befürworten Sie diese Maßnahme oder lehnen Sie diese ab?
Sehr geehrter Herr Melchior,
die Bezeichnung "Online-Durchsuchung" ist aus meiner Sicht irreführend. Denn um eine temporäre Durchsuchung des Computers handelt es sich ja gerade nicht, diese wäre bei begründetem Verdacht auch durch eine Beschlagnahme des Computers möglich. Vielmehr geht es um eine allumfassende Ausforschung nicht nur der Internetkommunikation (z.B. Chats, VOIP, aufgerufene Webseiten, E-Mails usw.) sondern des gesamten Computers.
Der Bundesgerichtshof hat zu Recht auf die besondere Qualität dieses Eingriffes hingewiesen, der weder mit der Telekommunikationsüberwachung noch wegen der Heimlichkeit mit einer Hausdurchsuchung gleichgesetzt werden darf. Auch das Bundesverfassungsgericht hat 1998 bei seiner Entscheidung über die akustische Wohnraumüberwachung einen absolut geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung bejaht. In diesen Bereich dürfe die akustische Überwachung von Wohnraum zu Zwecken der Strafverfolgung nicht eingreifen.
Es wird abzuwarten sein, wie das Bundesverfassungsgericht im Oktober über die umstrittene Befugnis zu Online-Durchsuchungen im NRW-Verfassungsschutzgesetz entscheidet. Ich hoffe, dass das Gericht ähnlich urteilt wie bei der akustischen Wohnraumüberwachung.
Ob die Befugnis zu Online-Durchsuchungen wie von Schäuble und anderen behauptet tatsächlich ein Mehr an Sicherheit bringt, kann man glauben oder nicht. Sollte die Bundesregierung einen entsprechenden Gesetzentwurf zu Online-Durchsuchungen einbringen, werde ich diesen nicht befürworten. Es muß einen Grundbestand freiheitlicher Grundrechte geben, die der Verfügungsgewalt durch den Staat entzogen sind.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Harald Terpe