Frage an Harald Terpe von Wilfried M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Terpe,
ich bedanke mich für Ihre kurze Antwort vom 22.04.2015 (1) auf Fragen zur Rechtssetzung bzgl. der Offenbarungsbefugnis für Privatgeheimnisse/ Drittgeheimnisse i.S.v. § 203 StGB. Leider gehen Sie offenbar davon aus, daß es um mir eine konkrete Rechtssprechung ging die, ich ggf. bei Obergerichten angreifen könnte.
Bitte gehen Sie daher noch einmal auf meine Fragen ein unter dem Gesichtspunkt der Normenklarheit: Müßte uns Ärzten und anderen Beruffsgruppenvertretern nicht vor einer evtl. Tat klar sein, daß sie strafbar ist?
Infolge der Drittgeheimniskontroverse ist das eben scheinbar nicht mehr der Fall. Es besteht also Klärungsbedarf durch die Legislative, der Sie angehören.
Oder irre ich mich da?
Desweiteren habe auch ich Interesse an Antworten auf die Fragen des Herrn Rieder zur "Ökonomisierung" im deutschen Gesundheitswesen (2):
1. Stimmt, was im Dt. Ärzteblatt zu lesen war?
2. Ist die "Ökonomisierung" unumstößliche Realität?
3. Sind Ihnen Profiteure der Entwicklung namentlich bekannt?
4. Welche Positionen vertreten Sie -als Arzt und MdB- in der angestoßenen Diskussion?
Bitte teilen Sie ggf. wenigstens mit, was Sie zu antworten hindert.
Mit frdl. kollegialem Gruß
Dipl. med. w. Meißner
Facharzt
Verein Anti-Korruption. Reformation 2014 e.V.
1) http://www.abgeordnetenwatch.de/harald_terpe-778-78524--f427592.html#q427592
2) http://www.abgeordnetenwatch.de/harald_terpe-778-78524--f434113.html#q434113
Sehr geehrter Herr Meißner,
vielen Dank für ihre Anfrage. Gerne erläutere ich Ihnen meine Position.
Die ärztliche Schweigepflicht ist sowohl für die Wahrung der Privat- und Intimsphäre der PatientInnen, d.h. deren Geheimnisse, als auch für ein vertrauensvolles Arzt-Patienten-Verhältnis wichtig. In welchen Fällen die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt von der Schweigepflicht entbunden werden kann, ist gesetzlich geregelt. ÄrztInnen sind über Ihre Verpflichtungen aufgeklärt. In gesetzlichen Vorschriften wurde geregelt, in welchen Fällen die ÄrztInnen von der Schweigepflicht entbunden werden können bzw. wann dies erforderlich ist. Ob die Entbindung in einem entsprechenden Fall Rechtens ist, müsste von den zuständigen Gerichten geprüft und beurteilt werden.
Zu Ihren weiteren Fragen:
In der Tat haben sich sowohl die Arbeits- als auch die Versorgungssituation im deutschen Gesundheitssystem in den letzten Jahren verändert. Aufgabe der Politik ist es, die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass sowohl eine gute PatientInnenversorgung gewährleistet wird als auch, dass die Arbeitssituation für das therapeutische Personal angemessen ist.
Wir Grünen sehen eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung als notwendig an. Diesbezüglich setzen wir uns für eine Reform der Krankenhauspolitik ein, die neben Zusammenarbeit und Bedarfsorientierung vor allem die Qualität in den Fokus rückt. Ökonomische Fehlanreize dürfen die Versorgungsqualität nicht negativ beeinflussen oder zu einer mangelhaften Personalbesetzung im ambulanten wie im stationären Bereich führen, die zu prekären Arbeitssituationen führt und die PatientInnensicherheit gefährden können.
Bislang spielt die Qualität der Behandlung beispielsweise bei der Krankenhausvergütung eine zu untergeordnete Rolle. Das DRG-System muss diese aus grüner Sicht zukünftig stärker berücksichtigen. Maßgeblich für uns ist das Wohl der PatientInnen, d.h. dass die medizinische Versorgung patientenorientiert stattfindet. Dazu gehört, dass ausreichend medizinisches Personal, insbesondere Pflegekräfte, mit einer qualifizierten Ausbildung und entsprechenden Fort- und Weiterbildungen für die PatientInnenversorgung zur Verfügung stehen. Zunehmende Arbeitsverdichtung und vor allem ein massiver Abbau von Pflegestellen gefährden die Versorgungsqualität und die Patientensicherheit. Krankenhäuser, die in optimale Arbeitsbedingungen und eine gute personelle Ausstattung des Pflegebereichs und weiterer nichtärztlicher Gesundheitsberufe investieren, erzielen jedoch eine größere Zufriedenheit auf der Patientenseite. Dies schlägt sich auch messbar in der Ergebnisqualität und im erfolgreichen Verlauf der Behandlung nieder.
Dennoch müssen auch Fragen der Wirtschaftlichkeit in der Gesundheitsversorgung weiterhin beachtet werden. Denn andernfalls wird das System unnötig verteuert, was Zusatzbeiträge zur Folge hätte und damit wiederum zu Lasten des Geldbeutels der Versicherten gehen würde. PatientInnen sollen alle Leistungen erhalten, die notwendig sind, um sie gesund zu erhalten oder die zu ihrer Genesung beitragen.
Die Verhandlungen zu TTIP/CETA verfolgen wir aktiv. Auch die möglichen Auswirkungen des Abkommens auf das deutsche Gesundheitssystem sehen wir kritisch. Kürzlich haben wir daher die Kleine Anfrage „Mögliche Auswirkungen der Freihandelsabkommen CETA und TTIP mit Kanada und den USA auf das Gesundheitswesen in Deutschland“ an die Bundesregierung gestellt (vgl. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/052/1805282.pdf ). Eine Antwort liegt uns derzeit noch nicht vor.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Harald Terpe