Frage an Harald Terpe von Reiner M. S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Terpe,
wie ist Ihre Position zu der zur Zeit ablaufenden Diskussion und dem damit verbundenen Gesetzgebungsprozess im Bundestag, der das Ziel hat, in Zukunft die Beihilfe zum Suizid durch Ärzte oder gemeinnützige Sterbehilfevereine unter Strafe zu stellen, und wofür werden Sie ihre Stimme geben ?
Hierzu gibt es im Bundestag bisher nach meiner Information nur eine einzige echte Gegenposition zu diesem Ansinnen (Renate Künast, Dr. Petra Sitte und Kai Gehring “Mehr Fürsorge statt mehr Strafrecht: Gegen eine Strafbarkeit der Beihilfe beim Suizid“). Verschiedene Befragungen haben ergeben, dass 70 bis 80 Prozent der Bürger Deutschlands die weitere Ermöglichung der „Letzten Hilfe“ befürworten. Die bestehenden humanistischen Positionen hierzu sind zu ersehen u.a. aus den folgenden Webseiten:
http://letzte-hilfe.de/
http://www.mein-ende-gehoert-mir.de/
http://humanismus.de/aktuelles/ende-weges
Haben sie die Absicht, sich bei den Diskussionen im Bundestag und den damit verbundenen Abstimmungen für die Interessen aller Betroffenen zu positionieren und zu verhindern, dass ein ärztlich begleiteter Suizid und die Beihilfe zum Suizid in den Fällen, wo der Rest des Lebens für die Betroffenen keinen Wert, sondern nur noch eine Qual darstellt, künftig unter Strafe gestellt wird ?
Mit freundlichen Grüßen
Reiner M. Saß
Sehr geehrter Herr Saß,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ich habe gemeinsam mit meiner Kollegin Elisabeth Scharfenberg vor einiger Zeit ein Autorenpapier vorgelegt, in dem wir unsere Eckpunkte für ein teilweises Verbot der Suizidbeihilfe aufzeichnen ( http://www.gruene-bundestag.de/fraktion/fraktion-aktuell/suizidbeihilfe/vorschlag-fuer-eine-moderate-strafrechtliche-regelung-der-suizidbeihilfe_ID_4393282.html ). Wir schlagen darin eine moderate Strafrechtsänderung vor. Die Beihilfe zum Suizid soll nicht grundsätzlich verboten werden, die geschäftsmäßige Suizidbeihilfe jedoch schon. Damit wird die Tätigkeit von Organisationen wie Sterbehilfe Deutschland oder Dignitas oder auch einzelner Personen, die die Suizidbeihilfe regelmäßig anbieten, unterbunden. Straflos hingegen sollen wie bisher Angehörige oder andere Personen bleiben, wenn sie einem sterbewilligen Menschen, zu dem sie eine enge persönliche Beziehung pflegen, Suizidbeihilfe leisten.
Ich lehne es ab, dass der assistierte Suizid zu einer regelmäßigen und damit „normalen“ Dienstleistung wird. In unserer Gesellschaft leben immer mehr ältere und pflegebedürftige Menschen, Menschen mit psychischen Erkrankungen und immer mehr Alleinstehende. Angesichts dessen wäre eine gezielte Institutionalisierung der Beihilfe zum Suizid eine gesellschaftliche Kapitulationserklärung. Dies würde bedeuten, dass wir nicht bereit sind, alles Notwendige für menschenwürdige Bedingungen bei Pflege- und Hilfebedürftigkeit am Lebensende und in Krisensituationen zu tun. Auf der anderen Seite halte ich eine strafrechtliche Verfolgung von Angehörigen und anderen nahestehenden Personen, die aus altruistischen Motiven heraus handeln und sich in einer persönlichen Ausnahmesituation befinden, für unangemessen.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Terpe