Frage an Harald Terpe von Max M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Terpe,
das Bundesfinanzministerium im Nachgang der PROKON-Affäre einen Referentenentwurf für die Änderung des Vermögensanlagegesetzes vorgelegt (Stand 28. Juli 2014). Obwohl im Vertrag der Großen Koalition formuliert ist, dass "die Gründung unternehmerischer Initiativen aus bürgerschaftlichem Engagement (z. B. Dorfläden, Kitas, altersgerechtes Wohnen, Energievorhaben) erleichtert" und unbürokratisch behandelt werden soll (S.78 des Koalitionsvertrages), wirkt dieser Referentenentwurf dem entgegen, da viele Projekte dieser Art ihr erstes - zum Erwerb oder zur Sanierung einer Immobilie notwendige - Kapital in Form von Nachrangdarlehen (Direktkredite o.ä.) von einer solidarischen Nachbarschaft bekommen. Aus dem Entwurf folgt, dass die für die Initiativen wichtigen Nachrangdarlehen prospektpflichtig werden. Gerade die kleinen und mittleren Initiativen können sich die Kosten in Höhe von 20.000 bis 60.000 Euro, die mit der Erstellung eines von der BaFin genehmigten Prospektes verbunden sind, aber auf keinen Fall leisten. Und so könnte es sein, dass nicht nur Nachbarschaftsprojekte, sondern auch Energiegenossenschaften oder kleine Wohnungsgenossenschaften von diesem Gesetz betroffen sein werden. Der Gesetzentwurf sieht eine Ausnahmeregelung (Bagatellgrenze) nur für Vermögensanlagen vor, „die auf einer Internet- Dienstleistungsplattform vertrieben....“ werden. Damit hängt die Notwendigkeit einer Regulierung nicht von der Qualität der Anlageform ab, sondern von der Art, wie sie angeboten wird. Wir möchten uns gerne dafür einsetzen, dass für sogenannte "Immobielen-Projekte" entweder ebenfalls eine Bagatellgrenze von mindestens 1 Mio. € Euro eingezogen wird. Oder sie das Vertrauen der Gesellschaft dergestalt erhalten, dass sie grundsätzlich von der Regelung ausgenommen werden.
Wie stehen Sie und ihre Fraktion zu dem Referentenentwurf und welche Position werden sie beziehen.
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen,
Max Metzger
Sehr geehrter Herr Metzger,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Referentenentwurf des Kleinanlegerschutzgesetzes.
Vor dem Hintergrund der jüngsten Anlageskandale und Pleiten auf dem Grauen Kapitalmarkt wie beim Windenergieprojektentwickler PROKON plant die Bundesregierung notwendige Änderungen beim Anleger- und Verbraucherschutz. Damit sollen Regelungslücken geschlossen, Risiken von Finanzprodukten offen gelegt, Informationsmöglichkeiten verbessert und bestimmte Werbe- und Vertriebsmethoden unterbunden werden. Dieses Ansinnen begrüßen wir grundsätzlich.
Allerdings sehen wir den Konflikt für bürgernahe und soziale Initiativen und teilen Ihre Bedenken. Unternehmen der solidarischen Ökonomie, dazu gehören insbesondere nachbarschaftliche Wohnprojekte, freie Schulen, Energiegenossenschaften, Kultureinrichtungen und Dorfläden erwirtschaften keine großen Renditen und haben dies auch gar nicht vor. Daher stellen die Regulierungen, wie sie im Entwurf zum Kleinanlegerschutzgesetz vorgesehen sind, für die meisten von ihnen eine sehr hohe Hürde dar.
Wir brauchen eine vernünftige Balance zwischen Anlegerschutz auf der einen und Förderung der solidarischen Ökonomie auf der anderen Seite. Dies muss sich auch im geplanten Kleinanlegerschutzgesetz widerspiegeln. Aufgabe der Politik ist es, für einen angemessenen Verbraucherschutz zu sorgen. Anleger müssen ausreichend und transparent über die Risiken ihrer Investitionen informiert werden, um am Ende selbst eine bewusste Entscheidung treffen zu können.
Die Grüne Bundestagsfraktion diskutiert am 10. November 2014 im Rahmen eines öffentlichen Fachgespräches mit dem Titel „CROWDFUNDING UND ALTERNATIVE FINANZIERUNGSFORMEN“ mit Fachleuten über das geplante Kleinanlegerschutzgesetz und deren Auswirkungen. Gerne laden wir Sie dazu ein. Weitere Informationen finden Sie auf der Interseite der Fraktion unter http://www.gruene-bundestag.de/news/termin_ID_2000125/veranstaltung/crowdfunding_und_alternative_finanzierungsformen_terminID_223.html. Wir versprechen uns von diesem Fachdialog wertvolle Impulse, die wir anschließend in das Gesetzgebungsverfahren einbringen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Harald Terpe MdB