Frage an Harald Terpe von Christoph R. bezüglich Gesundheit
ich habe mich gerade auf der Homepage der Initiative „Ich bin keine Fallpauschale“ informiert. Diese fordert für die Schwerst- und Spezialfälle an den Universitäts-Kinderkliniken umgehend eine faire und kostendeckende Vergütung, die sich am tatsächlichen Behandlungs- und Pflegeaufwand orientiert.
Denn an deutschen Universitäts-Kinderkliniken herrscht akuter finanzieller Notstand: Dort sammeln sich kostenintensive Schwerst- und Spezialfälle. Jedoch werden die entstehenden Kosten aufgrund der geltenden Fallpauschalenregelung oft nur zu einem Teil erstattet und müssen von den Kliniken mit getragen werden.
Die Folgen: Die Behandlung und Pflege kranker Kinder verschlechtert sich, da die Universitäts-Kinderkliniken dazu gezwungen sind, die entstehenden Millionendefizite durch Stellenabbau bei Ärzten und Pflegepersonal auszugleichen.
Ein erster Schritt sind der Versorgungszuschlag und die Analyse der Extremkostenfälle, die am 14. Juni 2013 im Bundestag beschlossen wurden. Jedoch reichen diese Maßnahmen bei Weitem nicht, um die an deutschen Universitäts-Kinderkliniken in den letzten Jahren entstandenen und entstehenden Defizite zu decken. So ist es mittlerweile leider die Regel, dass Pflege- und Arztpersonal über Eltern- und Fördervereine mitfinanziert werden.
Was benötigt wird, ist eine kostendeckende Finanzierung – umgehend. Damit auch in Zukunft alle Kinder gut versorgt werden können.
Die Erfahrungsberichte aus den Universitäts-Kinderkliniken haben mich sehr bewegt.
Was werden Sie tun, damit sich bei diesem wichtigen Thema in naher Zukunft etwas verändert?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Rücker,
herzlichen Dank für Ihre Frage.
Die Probleme der Universitätsklinika sind vielfälitig. Zum einen werden dort naturgemäß die besonders komplexen Fälle behandelt, zum anderen übernehmen die Uniklinika mit Ambulanzen sowie der Aus- und Weiterbildung von Medizinern und Pflegekräften wichtige, aber nicht ausreichend finanzierte Aufgaben in unserem Versorgungssystem.
Ich habe die von der Bundesregierung vorgeschlagene Untersuchung von Kostenstrukturen bei Extremfällen unterstützt, halte diese Maßnahme aber bei weitem nicht für ausreichend. Zumal das Problem nicht erst seit 2013 besteht und die Bundesregierung somit schon viel eher auf eine Problemlösung hätte dringen können. So drängt sich der Eindruck auf, dass Union und FDP hier vor allem aus Wahlkampfgründen und kurz vor dem Ende der Legislatur tätig geworden sind.
Aus meiner Sicht ist es nicht damit getan, als Sofortmaßnahme Geld auszuschütten. Die Probleme der Uniklinika sind struktureller Natur, insofern sind vor allem Strukturveränderungen nötig.
- Die Methodik zur Ermittlung des Orientierungswertes muss weiterentwickelt werden. Dabei muss insbesondere erreicht werden, dass die für Krankenhäuser relevanten Steigerungen bei Personal- und Sachkosten sachgerecht abgebildet werden. Zu überlegen wäre, inwieweit der Mechanismus der Orientierungswertermittlung so angepasst werden kann, dass die Kostensteigerungen zeitnäher einfließen. Auch Extremkosten müssen besser berücksichtigt werden.
- Durch eine bessere Abbildung der Kosten der ambulanten und stationären Notfallversorgung wollen wir die wirtschaftliche Situation von Uniklinika und Häusern der Maximalversorgung verbessern.
- Wir wollen gewährleisten, dass die Pflege ausreichend finanziert ist. Es muss daher sichergestellt werden, dass das für die Pflege vorgesehene Geld auch in der Pflege ankommt. Dazu schlagen wir ein Personalbemessungsinstrument vor, mit dem der jeweilige Pflegebedarf der Leistungen ermittelt und so in die Vergütung eingehen kann.
- Wir wollen erreichen, dass die ärztliche Weiterbildung künftig besser gefördert wird. Dies könnte beispielsweise durch einen von Krankenkassen und Krankenhäusern gemeinsam getragenen Fonds geschehen, aus dem arztbezogene Weiterbildungszuschläge finanziert werden. Ein solches Modell sollte auch für die pflegerische Weiterbildung erwogen werden.
- Für große Krankenhausinvestitionen wie Geräte, Neu- oder Umbauten sind die Fördermittel der Länder gedacht. Diese sind jedoch seit längerem real rückläufig. Deswegen finanzieren viele Häuser nötige Investitionen aus den von den Kassen finanzierten Vergütungen (Fallpauschalen).
Um den nötigen Investitionsbedarf von Krankenhäusern aus öffentlichen Mitteln zu decken, wäre eine Verdoppelung der Mittel für die Krankenhausförderung nötig. Auch angesichts der Schuldenbremse ist es nicht absehbar, dass die Länder ihre Mittel für die Investitionsfinanzierung in Krankenhäusern nennenswert steigern können. Wir wollen daher die Möglichkeit schaffen, die Investitionsförderung künftig hälftig von Krankenkassen und Ländern zu finanzieren. Damit wollen wir die Länder bei der Finanzierung von künftig nötigen Krankenhausinvestitionen unterstützen. Durch eine solche Reform kann insbesondere auch die Situation von Häusern in öffentlicher Trägerschaft verbessert werden.
Weitere von mir erarbeitete krankenhauspolitische Positionen der GRÜNEN können Sie in unserem Positionspapier finden: http://www.harald-terpe.de/meine-themen/gesundheit/ansicht/patient-krankenhaus.html .
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Harald Terpe