Frage an Harald Terpe von Heike B. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Terpe,
zunächst herzlichen Dfeank für Ihre informative und ehrliche Antwort!
Nun hätte ich eine Frage hierzu: Ein chronisch kranker austherapierter Mensch, bei dem keine Lebensbedrohlichkeit nachgewiesen wird, mit Schmerzen und Einschränkung der Lebensqualität kann sich, wie Sie ja bestätigten, nicht auf den Nikolausbeschluss berufen, da dieser nur bei nachgewiesener Lebensbedrohlichkeit oder drohendem Organverlust greift.
Nun beruft sich eine gesetzliche Krankenkasse bei der Ablehnung einer Therapie, die dem Austherapierten noch helfen könnte, auf das Gesetz und schreibt, sie DARF keine Therapiemethoden außerhalb des Standards bezahlen.
Jetzt meine Frage: Wer würde bestraft, wenn der Sachbearbeiter bzw. der MDK eine Therapie bewilligen, die nicht im Leistungskatalog steht, aber schon vielen Menschen geholfen hat? Wie würde so eine Strafe aussehen - wäre das eine Geldstrafe? Ich denke dabei an mir bekannte Menschen, die austherapiert sind, unter Schmerzen leiden und nur noch mit einem Bruchteil ihrer Lebensenergie und ihrer Lebensfreude den Tag überstehen - und das ohne Aussicht auf Besserung. Menschen, die wissen, dass eine spezielle Therapiemaßnahme ihnen helfen kann, die sie sich aber nicht leisten können. Menschen, denen die herkömmliche Therapie nicht mehr hilft oder bereits durch die Nebenwirkungen so viele Schäden verursacht hat, dass sie kontraindiziert ist.
Da die Krankenkasse nicht dafür aufkommt, sind diese Menschen gezwungen zu leiden, obwohl ihnen geholfen werden könnte!! Und die Krankenkasse und der MDK berufen sich darauf, dass sie ja nach derzeitiger Rechtslage diesen Menschen garnicht helfen DÜRFEN!
Daher die Frage noch einmal: Wer würde die GKV bestrafen und wie würde eine Strafe dafür aussehen, dass leidenden Menschen geholfen wird?
Ich danke Ihnen im voraus für Ihre Stellungnahme.
Freundliche Grüße,
Heike Braun
Sehr geehrte Frau Braun,
herzlichen Dank für Ihre Frage.
Maßgeblich ist § 12 des 5. Sozialgesetzbuches. Hier wird das Wirtschaftlichkeitsgebot definiert: Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überscheiten. In Abs. 3 des genannten Paragraphen ist bestimmt, dass Vorstandsmitglieder von Kassen, die gegen diesen Grundsatz verstoßen, schadensersatzpflichtig sind. Insofern haben die Vorstände der Kassen ein großes Eigeninteresse, dass nur Leistungen innerhalb des Leistungskatalogs der Kassen erstattet werden.
Das Bundessozialgericht hat vor diesem Hintergrund geurteilt (BSG, SozR 3-2500), dass Kassen Leistungen außerhalb des Leistungskatalogs auch dann nicht verordnen dürfen, wenn diese im Einzelfall zu einer Heilung führen können. Eine Ausnahme bilden hier die im so genannten Nikolaus-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG, NZS 2006, 84/88) genannten Fälle lebensbedrohlicher bzw. regelmäßig tödlicher Erkrankungen.
Aus diesem Grunde sind der Kulanz der Kassen enge Grenzen gesetzt. Selbst wenn diese wollten, was im Einzelfall sicher häufiger der Fall ist, darf eine solche Leistung nicht erstattet werden.
So gerne ich Ihnen eine andere Antwort geben würde: An einer gesetzlichen Regelung wie beispielsweise in unserem Antrag ( http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/061/1706127.pdf ) vorgeschlagen, führt kein Weg vorbei.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Harald Terpe