Frage an Harald Terpe von Udo Z. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Dr. Terpe,
ich bin Inhaber eines Schwerbehindertenausweis. Und somit nutze ich den öffentlichen Personenverkehr (§ 145 Abs. 1 , Sätze 1 und 2 des Neuntes Sozialgesetzbuch) und bin lt. vorgenanntem Gesetz unentgeltlich zu befördern, wenn ich die Voraussetzungen erfülle. Dies ist Fall.
Warum gilt diese Gesetz nicht in MVP? Hier muss ich Nachzahlungen leisten! Als Minderheit der Bevölkerung wird man wieder benachteiligt.
Für eine befriedigende Auskunft bedanke ich mich im Voraus.
Mit freundlichen Grüsxsen
Udo Zäske
Sehr geehrter Herr Zäske,
Herzlichen Dank für Ihre Frage. Das SGB IX gilt auch in Mecklenburg-Vorpommnern. Es gelten somit auch die gleichen Regelungen für die unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr wie in Schleswig-Holstein, Hamburg oder anderen Bundesländern. Allerdings steckt der Teufel wie immer im Detail. Nach § 147 Abs. 1 SGB IX können unentgeltlich genutzt werden:
- in S-Bahnen (§ 147 Abs. 1 Ziffer 3 SGB IX),
- in Zügen, in denen Verbundfahrscheine gelten (§ 147 Abs. 1 Ziffer 4 SGB IX),
- in Nahverkehrszügen bundeseigener Eisenbahnen, wenn die Strecken im Streckenverzeichnis zum Schwerbehindertenausweis verzeichnet sind (§ 147 Abs. 1 Ziffer 5 SGB IX),
- in den Nahverkehrszügen anderer Unternehmen (nicht bundeseigene Eisenbahnen; § 147 Abs. 1 Ziffer 6 SGB IX).
Während in Schleswig-Holstein nahezu das gesamte Landesgebiet auf diese Weise abgedeckt ist (Hamburger Verkehrsverbund, S-Bahn Hamburg, Schleswig-Holstein-Tarif, Tarifgemeinschaft Lübeck, Verkehrsverbund Region Kiel), wird in Mecklenburg-Vorpommern leider nur ein Teil des Landes erfasst. Das führt dazu, dass einige Strecken leider nicht unentgeltlich genutzt werden können. Nähere Infos über die Strecken, auf denen die unentgeltliche Beförderung in M-V möglich ist, finden Sie hier: http://www.mobilitaetsportal.info/freifahrt/bundesland.php?id=010
Sollten Sie die Vermutung haben, dass Ihnen ein Verkehrsunternehmen entgegen den gesetzlichen Bestimmungen die unentgeltliche Beförderung verweigert hat, können Sie sich an den Fahrgastverband Pro Bahn http://www.pro-bahn.de/adressen/sub_index.php?ziel=ad-sh.htm wenden. Ich bin ebenfalls gerne bereit, dieser Sache nachzugehen.
Aus meiner Sicht ist die Situation insgesamt unbefriedigend und vor allem auf die nicht mehr zeitgemäßen Bestimmungen des § 147 Abs. 1 SGB IX zurückzuführen. Das gilt auch für die so genannten nicht bundeseigenen Eisenbahnen. Diese Regelungen führen zu einem für viele Betroffene nur noch schwer zu durchschauenden Geltungsbereich. Sie führen auch dazu, dass manche Verkehrsunternehmen ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. Ich plädiere daher für eine Weiterentwicklung der Bestimmungen zur unentgeltlichen Beförderung. Die Annahme, dass Behinderte nur in ihrem unmittelbaren Wohnumfeld auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, ist lebensfremd. Das Zeitalter der Mobilität verlangt auch von Menschen mit Behinderungen einen großen Aktionsradius. Eine Neuregelung muss diesen geänderten Realitäten Rechnung tragen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Harald Terpe