Frage an Harald Terpe von Irina N. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Terpe,
In den letzten Wochen hat der Bundestag die 15. AMG-Nolle verabschiedet. In beiden Fällen, nämlich der Gewebe- als auch der Blutzubereitung, gibt es in Zukunft jedoch immer noch Ausnahmen bezüglich der Herstellerlaubnis nach §13 und § 20b bzw. § 20c. Diese Ausnahmen sind jedoch restriktiver als zuvor. Die große Neuerung dieser AMG-Novelle, ist jedoch, dass die Gewebe- und Blutzubereitung grundsätzlich in ALLEN Fällen nun dem AMG unterliegt. Dies hat nun zur Folge, dass Genehmigungen nach § 21a oder dem neu Eingeführten § 4b bei der Bundesbehörde beantragt werden muss. Dies bedeutet, dass alle Einrichtungen die Stammzellverarbeitung für bekannte Therapien unter der sogenannte Einhandregelung nach dem alten § 4a vorgenommen haben, zwar heute unter widrigen Umstände keine Herstellerlaubnis nach § 13 oder § 20b benötigen, jedoch eine Genehmigung nach § 21a benötigen.
Um diese Genehmigung zu erhalten bedarf es mehrere Monate. Was passiert mit den ca. 3000 Transplantate/Jahr die derzeit unter dem "alten" § 4a in der sog. Einhandregelung verarbeitet wurden? Die Kliniken müssten damit ja ab September aufhören und wie werden dann die Patienten versorgt?
Vielen Dank für eine Antwort.
Ihre Irina Naumann
Sehr geehrte Frau Naumann,
Herzlichen Dank für Ihre Frage.
Sie haben recht. Gewebe- und Blutstammzellzubereitungen, die im sogenannten Einhandverfahren nicht an andere abgegeben und vom entnehmenden Arzt dem Spender selbst rückübertragen wurden, werden nunmehr grundsätzlich vom AMG erfasst. Die Voraussetzungen, unter denen diese Zubereitungen aus dem Anwendungsbereich des AMG herausfallen, sind nach der jüngsten AMG-Novelle enger gefasst worden. Ich habe dies bei den Diskussionen im Gesundheitsausschuss thematisiert, konnte mit meinen Bedenken aber leider kein Gehör finden.
Nunmehr sind nur noch solche Zubereitungen vom Anwendungsbereich des AMG ausgenommen, die "ohne Änderung ihrer stofflichen Beschaffenheit" rückübertragen werden. Darunter fallen nur solche Produkte, die nur geringfügigen Arbeitsschritten unterliegen.
Allerdings bedürfen Gewebezubereitungen, die zur persönlichen Anwendung bei einem Patienten hergestellt und verarbeitet und nicht in Verkehr gebracht werden, nach § 20d AMG keiner Herstellererlaubnis nach §§ 13 bzw. 20b, 20c AMG. Sie unterliegen lediglich - wie bisher schon - der Genehmigung der zuständigen Bundesoberbehörde nach § 21a AMG.
Um zu verhindern, dass Gewebe- und Blutzubereitungen, die bislang dem sogenannten Einhandverfahren unterfielen, nicht mehr verwendet werden können, wurde der Gesetzentwurf der Bundesregierung vor seiner Verabschiedung durch einen Änderungsantrag noch ergänzt. Nach dem neu eingefügten § 144 Abs. 7 AMG gibt es nun für die Beantragung einer Genehmigung nach § 21 a AMG eine Übergangsfrist von sieben Monaten, für die Beantragung einer Erlaubnis nach §§ 20b, 20c AMG eine Übergangsfrist von 24 Monaten. Sobald ein solcher Antrag gestellt ist, dürfen die Kliniken und Einrichtungen ihre Tätigkeit vorerst weiterführen, bis über ihren Antrag entscheiden wurde.
Auch wenn ich die Ausweitung der Vorschriften des AMG auf Gewebezubereitungen im sogenannten Einhandverfahren kritisch sehe, begrüße ich diese Übergangsregelung ausdrücklich, weil nur so die Versorgung von Patienten gewährleistet bleibt.
Grundsätzlich aber halte ich die uneinheitliche Regelung vom Umgang mit hämatopoetischen Stammzellen, je nachdem ob sie aus peripherem Blut oder Knochenmark gewonnen werden, für sachlich nicht gerechtfertigt, und sehe die Ausweitung der Vorschriften des AMG auf diese Produkte mit Sorge.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Harald Terpe