Frage an Harald Terpe von Thomas K. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Terpe,
im Zuge der Diskussionen um die Sperrung von Internetseiten rückt, was ich sehr begrüsse, die Problematik des sexuellen Missbrauchs von Kindern wieder ins Blickfeld der Politik. Gerade angesichts der Entschlossenheit mit der viele Politiker sich dieses Themas annehmen, ist es mir absolut unverständlich dass Präventionsprojekte, mit denen effektiv etwas gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern getan werden könnte, von der Politik weitgehend ignoriert werden.
Seit 2005 existiert an der Berliner Charite ein Projekt, welches sich an Männer mit auf Kinder gerichteten Sexualphantasien richtet, die Angst haben einen Übergriff zu begehen und Hilfe in Anspruch nehmen möchten. Mehr als 1000 Männer haben sich inzwischen beworben, die Nachfrage übersteigt das Angebot an Therapieplätzen bei weitem.
Deutlich zeigt sich hier eine katastophale Versorgungssituation, die einem, wenn man sich mit diesem Thema beschäftigt, immer wieder begegnet. Für viele Pädophile ist es praktisch unmöglich einen kompetenten Ansprechpartner zu finden. Ursächlich hierfür ist u.a. dass Störungen der Sexualpräferenz nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankassen gehören.
Wie kann es sein, dass es offensichtlich viele Menschen gibt, die Angst haben Übergriffe zu begehen, denen aber keine Hilfe angeboten wird? Warum werden solche Thearpien nicht von den Krankenkassen bezahlt?
Die Entstehung des Berliner Präventionsprojektes war nur durch grosszügige Spenden von Opferschutzorganisationen möglich. In den ersten Jahren flossen keinerlei staatliche Gelder . Wieso werden solche Projekte nicht von staatlicher Seite forciert und massiv unterstützt?
Ich habe mich mit diesem Thema in den letzten Jahren sehr intensiv beschäftigt und bin, anders kann ich es nicht sagen, fassungslos mit welcher Ignoranz dieses Thema seitens der Politik behandelt wird. Wie steht ihre Partei, wie stehen Sie als Person zu diesem Thema?
MfG
Thomas Kipp
Sehr geehrter Herr Kipp,
Herzlichen Dank für Ihre Frage.
Ich bin nicht in allen Einzelheiten mit dem von Ihnen genannten Projekt vertraut, habe aber bereits davon gehört. Ich denke, dass dieses Projekt - neben vielen anderen - ein sinnvoller Ansatz sein kann, um sexuellem Mißbrauch von Kindern vorzubeugen. Ob dies der Fall ist, wird derzeit in dem von ihnen genannten Forschungsprojekt der Charité "Kein Täter werden" untersucht. Der Zwischenbericht hat die Erwartungen erfüllt. Damit das Projekt weiter evauliert werden kann, sind über die von der Bundesregierung und einigen Stiftungen zugesagten Mittel weitere Förderungen nötig.
Wenn sich diese Therapieform auch in einer längeren Evalution als wirksam erweist und die strukturellen Fragen geklärt sind, zum Beispiel wo solche Einrichtungen sinnvoll angesiedelt werden sollten, muss auch das dann vorgesehene Bewertungsverfahren für die Aufnahme dieser Therapie in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen angeschoben werden.
Ich bin der Auffassung, dass auch in diesem Bereich deutlich mehr Geld für wirksame Präventionsmaßnahmen ausgegeben werden muss. Die von der Bunderegierung beabsichtigten Internetsperren zeigen sehr deutlich, dass die Koalition vor allem auf zweifelhafte Instrumente mit großem Showeffekt setzt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Harald Terpe