Frage an Harald Koch von Joerg L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Koch,
im Zusammenhang mit den Steueroasen - u.a. auf den Caimann - Inseln, ist erschreckend in welcher Höhe auch von deutschen Unternehmen Gelder aus der Differenz von nominalen und realen Steuern, sowie intransparenten Geldströmen - angehäuft werden konnten.
Während man den "normalen" Bürgerinnen zu jeder Zeit bei dem Thema Steuern Transparenz abverlangt und die Steuerlast - auch durch die Fehlspekulationen der Banken - in den letzten Jahren derer stetig erhöht, entziehen sich a.m.S. die " Stärksten " des Landes der notwendigen
demokratischen Beteiligung - an der Infrastruktur; Bildung; Sicherheit; Forschung ect. - von der
gerade diese Unternehmen am meisten profitieren, immer mehr.
Wenn ich lese, dass 20 Billionen Euro in den Steuroasen "liegen" und damit eine zwanzigstel !!ausreichen würde den ESM zu finanzieren oder - ein zehntel !! - genügen würde die deutschen Schulden komplett zu tilgen, dann muss man der Annahme sein, - wenn die realen Steuern von den betroffenen Unternehmen gezahlt werden würden, muss kein einziges Gehalt oder Renten in Europa gekürzt werden, könnten die Steuern und Abgaben von BürgerInnen gesenkt werden sowie vor allem damit unsere Volkswirtschaften und Demokratien in Europa gestärkt werden.
Meine Fragen dazu an Sie:
Wann sorgt die Politik in Europa und Deutschland endlich für eine Beteiligung der Unternehmen an einer durchgehenden Gestaltung von Demokratie und nachhaltigen Volkswirtschaften; sowie damit verpflichtenden Zahlung von Steuern entsprechend Ihrer wirtschaftskraft (elektronisch/IT)?
Wann wird der Hochfrequenzhandel, Hedgefonds verboten und eine Transaktionssteuer für den Aktienhandel eingesetzt ?
Es geht dabei um nicht weniger, als um den Schutz und dauerhaften Bestand und Gestaltung unserer Demokratie und Volkswirtschaft.
Bitte tragen Sie Ihren Teil dazu bei, ganz herzlichen Dank dafür im Voraus.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg L. aus München
Sehr geehrter Herr Lindeholz,
danke für Ihre umfangreichen Fragen, die ich versuche, in gebotener Kürze zu beantworten.
DIE LINKE strebt seit langer Zeit eine sozial gerechte Reform der Unternehmens- bzw. Körperschaftsteuern an. Zahlreiche Steuersenkungen der letzten zehn Jahre für Unternehmen werden - wenn es nach der LINKEN ginge - zurückgenommen, beispielsweise die Steuerbefreiung von Veräußerungsgewinnen. Darüber hinaus wird der Körperschaftsteuersatz wieder auf das Niveau des Jahres 2008, also auf 25 Prozent angehoben. 35 Milliarden Euro könnten so bei Konzernen eingetrieben werden.
Jedoch muss man diese Forderungen eingebettet in das gesamte Steuerkonzept der LINKEN sehen. Dieses finden Sie z.B. hier: http://www.linksfraktion.de/folder/steuergerechtigkeit-noetig-moeglich/ oder als Antrag: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/029/1702944.pdf . Starke Schultern können und sollen mehr tragen, florierende Unternehmen dürfen sich nicht weiter ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entziehen. Auch deswegen müssen Steuerflucht verhindert und Steueroasen ausgetrocknet werden. Unternehmen müssen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zum Wohle der Allgemeinheit besteuert werden, so wie Managergehälter nicht das 20fache eines einfachen Arbeiters im selben Unternehmen überschreiten dürfen.
Im Bundestag wurde bereits ein Gesetz zum Hochfrequenzhandel verabschiedet. DIE LINKE lehnte dieses ab: Denn wenn man es ernst meint mit der Regulierung, dann muss man beim Hochfrequenzhandel die Geschwindigkeit reduzieren. Dies geschah - z.B. durch Mindesthaltedauern - gerade nicht. Bei der Finanztransaktionsteuer gibt es auf europäischer Ebene Fortschritte. Zufrieden bin ich aber erst, wenn eine tatsächlich eingeführt wurde, die auch Devisen usw. umfasst. Die Fraktion DIE LINKE fordert seit Jahren eine strenge Finanzmarktregulierung und eine effektive Kontrolle der Akteure auf den Finanzmärkten. Ansonsten wird jeder kleine soziale Fortschritt in den ständig wiederkehrenden Finanz- und Wirtschaftskrisen zerstört. Es sind wirkungsvolle Kapitalverkehrskontrollen und eben eine Finanztransaktionsteuer einzuführen, um dieses Ziel zu erreichen und die Turbulenzen zu verringern. Wichtig sind darüber hinaus verbindliche einzuhaltende Sozial- und Umweltstandards und deutlich höhere Steuern für transnationale Konzerne.
Für ein Verbot hochspekulativer Finanzinstrumente wie Private-Equity-Fonds oder Hedge-Fonds trete ich entschieden ein. Daher muss auch ein "Finanz-TÜV" eingeführt werden, der solche Produkte gar nicht erst auf den Markt kommen lässt und bestehende wieder runternimmt.
Was die von Ihnen angesprochenen Themen betrifft, wäre es auch effektiv, sich an die entsprechenden Abgeordneten im Europäischen Parlament zu wenden und darüber Druck hin zu strengeren und solidarischeren Regelungen und Regulierungen auszuüben.
Freundliche Grüße nach München,
Harald Koch, MdB
DIE LINKE im Bundestag