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Frage von Joachim B. •

Frage an Harald Koch von Joachim B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Herr Koch , was halten Sie von der Erhöhung der Diäten für Abgeordnete noch vor der Bundestagswahl ? Was halten Sie von mehr direkter Demokratie , wie der Abschaffung von Listenwahlen mit der die Parteien abgewählte Parteisoldaten belohnen , Abschaffung der Überhangmandate, von Probeabstimmungen und Fraktionszwang , Begrenzung des Abgeordnetenmandats auf 2 Wahlperioden ?

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Sehr geehrter Herr Büttner,

danke schön für Ihre Fragen! Ich lehne eine Erhöhung der Abgeordnetendiäten ab. Meine Fraktion und ich haben bereits die vergangenen Erhöhungen im Bundestag abgelehnt. Die erhöhten Diäten, die wir ja auch ausgezahlt bekommen, spenden wir individuell für gemeinnützige Zwecke. Wenn sich der Bundestag auf die Reallohn-, Renten- oder Grundsicherungsentwicklung als Maßstab für Diätenerhöhungen einigen würde, wäre dies ein wichtiger Schritt. Das könnte dann für viele Kolleginnen und Kollegen ein Anreiz sein, endlich eine sozialere Politik zu machen. Politik zu Lasten der Beschäftigten würde mit "Nullrunden" im Bundestag bestraft.

Zudem setze ich mich seit vielen Jahren für mehr direkte Demokratie auf allen staatlichen Ebenen und in der Wirtschaft (!) ein. Bezüglich der LINKEN Demokratiepolitik möchte ich auf einen aktuellen Fachartikel von mir verweisen, den Sie unter http://www.b-b-e.de/fileadmin/inhalte/aktuelles/2013/03/nl05_gastbeitrag_koch.pdf finden. Meine Fraktion brachte auch einen eigenen Gesetzentwurf zur Einführung einer Volksgesetzgebung in den Bundestag ein. Hier finden Sie diesen Gesetzentwurf: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/011/1701199.pdf. Eine reine Mehrheitswahl unterstütze ich nicht, sondern möchte, dass die Listenkomponente bei Wahlen beibehalten wird, um darüber versierte FachpolitikerInnen die Chance zu ermöglichen, in den Bundestag zu kommen, was sie als DirektkandidatInnen nicht schaffen würden. Besonders bezüglich der Überhangmandate haben wir einen Gesetzentwurf zur Reform des Wahlrechts in den Bundestag eingebracht. Die Anrechnung von Direktmandaten auf das Zweitstimmenergebnis erfolgt auf der Bundesebene (so genannte Oberzuteilung). Soweit dennoch Überhangmandate entstehen, erfolgt ein Ausgleich, der sich nach den auf Bundesebene erzielten Zweitstimmenanteilen richtet. Hier gelangen Sie zu unserem Gesetzentwurf: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/058/1705896.pdf. Ferner fordern wir die Abschaffung der 5-Prozent-Hürde: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/087/1708790.pdf.

Um die parlamentarische Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten und Planungssicherheit zu gewährleisten, ist eine gewisse Fraktionsdisziplin vonnöten. Ich betone: "Disziplin". Zumal sich ja in der Regel Abgeordnete mit ähnlichen Ansichten und Zielen in der selben Fraktion zusammenschließen. Daher stimmen sie "automatisch" oftmals gleich ab. Als schlimmen Zwang habe ich Abstimmungsempfehlungen nie empfunden - zumal kein Abgeordneter bei sämtlichen Themen den perfekten Überblick hat. Bei schwierigen moralisch-ethischen Fragen hat unsere Fraktion das Abstimmungsverhalten immer komplett freigegeben. Aber auch sonst steht es dem einzelnen Abgeordneten ganz nach Art.38 Grundgesetz frei, abzustimmen wie er möchte (freies Mandat). Der Fairness halber hat es sich bei uns eingebürgert, ein abweichendes Stimmverhalten vorher in der Fraktionssitzung anzuzeigen. Dies kommt aber glücklicherweise nicht allzu häufig vor. Denn eine starke Oppositionspartei wie DIE LINKE, die für mehr soziale Gerechtigkeit und ein neues Demokratieverständnis kämpft, sollte weitestgehend gemeinsam kämpfen und geschlossen auftreten. Die kontroversen Debatten, die es zuhauf gibt, sollten intern geführt werden. Eine Begrenzung des Abgeordnetenmandats auf zwei Wahlperioden sehe ich kritisch. Schon jetzt steht es ja jedem Abgeordneten frei, nach zwei Wahlperioden nicht mehr anzutreten. Ich würde es aber der wählenden Bevölkerung nicht verbieten wollen, einen Kandidaten zu wählen, wenn dieser selbst noch mal antreten möchte und dies z.B. die Partei und sein Umfeld unterstützen. Sinnvoll wäre eine solche Beschränkung natürlich insofern, um "Standesdünkel" und Ämterpatronage einzuhegen und mehr "frisches" Personal in den Bundestag zu bringen. Bedenken Sie aber bitte, dass gute, seriös arbeitende Abgeordnete ihrer Arbeit kontinuierlich und konsistent nachgehen müssen und auch das Vertrauen zwischen BürgerInnen und Abgeordneten wachsen und sich stärker sedimentieren kann. Als direkt gewählter Abgeordneter aus Mansfeld-Südharz sind mir Vertrauen, Responsivität und Bürgernähe besonders wichtig. Es geht also um eine gewisse Kontinuität und den längerfristigen Blick, gerade bei Problemen im Wahlkreis und bei inhaltlichen Sachfragen. Eine gesunde Mischung aus etablierten, erfahrenen FachpolitikerInnen und neuen Kräften, die fachlich versiert, aber frischen Wind bringen, wäre optimal. Mit Verboten möchte ich hier aber nicht hantieren.

Freundliche Grüße nach Hettstedt!
Harald Koch, MdB