Frage an Harald Koch von Jan-Peter H. bezüglich Finanzen
Aushebelung der europäischen Einlagensicherung in Zypern
Sehr geehrter Herr Koch
Ich habe die europäische Einlagensicherung immer so verstanden, dass Einlagen in der EURO-Zone bis 100.000,- bei einer Bankeninsolvenz bzw, der Restrukturierung von Banken gesichert sind.
Ist die Belastung von Einlagen unter 100.000,- bei der Bankenrettung in Zypern mit europäischem Recht vereinbar ?
Desweiteren wird in den Medien berichtet, dass das die Banksysteme in Zypern bereits so programmiert sind, dass ein vollständiges Abheben bzw. transferieren der täglich fälligen Einlagen bereits jetzt nicht mehr möglich ist, obwohl das entsprechende Gesetz noch garnicht vom zypriotischen Parlament verabschiedet ist.
Ist das mit europäischem Recht vereinbar ?
Als EU Bürger bin ich fassungslos, was hier passiert. Ich verliere gerade jedwegiges Vertrauen in das Funktionieren unserer europäischen Demokratie. Ich erwarte von Ihnen und der Linken eine eine Ablehnung von Bankenrettungen, bei denen die europäische Einlagensicherung ausgehebelt wird.
Sehr geehrter Herr Homann,
herzlichen Dank für Ihre aktuelle Frage! Im vorliegenden Fall geht es um eine nationale Steuer bzw. Zwangsabgabe, die in Zypern erhoben werden soll, wozu ein selbstständiger Staat auch das Recht hat. Die europäische Einlagensicherung gilt nach wie vor für Beträge bis 100.000 Euro z.B. auf Sparkonten und bezieht sich gerade nicht auf Steuern und Abgaben. Dennoch löste dieser Vorfall Angst und Panik auch bei deutschen Sparerinnen und Sparern aus, denn es herrscht zurecht die Angst, dass nun auch die deutsche Einlagensicherung wackelt.
Mit ihrem "Angriff" auf die Konten der Kleinsparer haben Union und FDP den Bogen endgültig überspannt und ein Tabu gebrochen. Nach dem verständlichen Nein des zyprischen Parlaments müssen nun Merkels Bankenrettungsgehilfen von Union, FDP, aber auch SPD und Grünen im Bundestag ihren Kurs korrigieren und die Kosten der Krise von denen bezahlen lassen, die sie verursacht haben und von ihr profitieren. Die Wirtschaft Zyperns ist eng mit der Griechenlands verflochten. Besonders dicht ist die Verflechtung im Bankensektor. Die Rezession Griechenlands hatte starke Auswirkungen auf Zypern. Daher benötigt Zypern Finanzhilfen. Als Gegenleistung für die Finanzhilfe haben die Finanzminister der Eurogruppe jetzt eine Teilenteignung aller Spareinlagen beschlossen.
Der Zypern-Plan der EU-Finanzminister zeigt: Die Einlagen sind von Sparern nicht mehr 100%ig sicher. Bislang standen die Spareinlagen unter Staatsgarantie, jetzt werden sie über Nacht zum zulässigen Folterinstrument. Die Krisenmanager bleiben sich treu: Die Eigentümer und Anleihegläubiger der Banken, die Aktionäre und Anleihen-Besitzer bleiben außen vor. Es ist nicht hinnehmbar, dass potente Finanzanleger geschont werden, die Mini-Steuersätze und lasche Steuerkontrollen in Zypern ausnutzen, um ihre Milliarden zu bunkern.
Als LINKE fordern wir daher: 1. Banken-Gläubiger, Anleihenbesitzer, Aktionäre und Einlagenbesitzer oberhalb einer Million Euro müssen zur Kasse gebeten werden, 2. Die Sparauflagen des „Hilfspakets“ müssen vom Tisch, weil sie die Krise nur verschärfen, 3. Zypern braucht die isländische Lösung. Die ausländischen Gläubiger müssen leer ausgehen, der Staat muss die Banken übernehmen und regulieren, und Kleinsparer müssen geschützt werden, 4. Eine Vermögensabgabe von 20 Prozent auf Einlagen bei zyprischen Banken über 500.000 Euro würde ausreichen, um die Sparer mindestens bis zur Grenze der Einlagensicherung von 100.000 Euro abzusichern, 5. Bundesregierung und Bundesbank-Chef Jens Weidmann müssen die EZB auffordern, unverzüglich ihre Erhebung über die Vermögen in Zypern zu veröffentlichen.
Was es mit den technischen Details von Banksystemen und -Automaten in Zypern auf sich hat, kann ich von meiner Warte aus nicht exakt beurteilen - wenn es denn so gewesen sein sollte, wäre es ein riesiger Skandal. Zumal das zyprische Parlament dem "Hilfsprogramm" ja nicht zugestimmt hat.
Fest steht: Die Finanzminister haben eine Verunsicherung in der ganzen Eurozone geschaffen, die die Krise nur weiter anheizen wird. Deshalb wird DIE LINKE keinen ESM-Krediten für Zypern zustimmen! Mit einem Entschließungsantrag werden wir den Bundestag auffordern, der Neoliberalisierung Europas nicht zuzustimmen und stattdessen eine solidarische Anti-Krisenpolitik zu vertreten.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Koch, MdB