Frage an Harald Koch von Birgit M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Koch,
Sie sagen, eine Zwei-Klassen-Medizin sei mit Ihrer Partei in Regierungsverantwortung nicht zu machen. Ich frage Sie : wie wollen Sie das verhindern?
Schon heute ist es so, dass jeder, der zahlen kann, sich alle denkbaren guten medizinischen Leistungen und Medikamente kaufen kann. Entweder in Deutschland - oder falls das nicht geht - im Ausland. Das wird sich weíter so entwickeln. Wer ein gutes Einkommen hat, wird dem Transferempfänger immer voraus sein, weil sich staatlich verordnete und nicht marktorientiert bezahlte Leistungen auf einen Mindeststandard beschränken müssen. Sonst kollabiert das System!
Ich habe mir für 10.000 Euro Super Zähne machen lassen. Überwiegend privat bezahlt! Ein Transferempfänger kann sich das nicht leisten. Wie wollen Sie das verhindern? Würden Sie mir gesetzlich verbieten, mein Geld dafür auszugeben?
Wenn ich wieder mal einen Ischias-Anfall habe, gehe ich zu meinem Privatarzt, der mich für 200 € auf den Tisch des Hauses richtet mit Akupunktur, ich bin wieder arbeitsfähig und schmerzfrei. Dieser geniale Mann wird auch künftig nur noch gegen Privatrechnung arbeiten. Ein Transferempfänger kann sich das nicht leisten. Wie wollen Sie das verhindern? Würden Sie mir gesetzlich verbieten, mein Geld dafür auszugeben? Oder würden Sie ihm das Praktizieren verbieten?
Die Überwachung meiner Zysten in der Brust mit Ultraschall zahle ich jährlich selbst mit 60 €, weil das keine Kassenleistung, mir es aber wichtig ist. Ein Transferempfänger kann oder will sich das vermutlich nicht leisten. Wie wollen Sie das verhindern? Würden Sie mir gesetzlich verbieten, mein Geld dafür auszugeben?
Ich könnte diese Beispielsliste unendlich nich mit vielen Einzelfällen fortsetzen, die beweisen, dass wir längst eine Zwei-Klassen-Medizin haben und auch haben müssen, denn der Fortschrit t kann aus einem für jedermann bezahlbaren Mindeststandard-System nicht finanziert werden.
Bin gespannt auf Ihre Lösung .
B. Mohr
Sehr geehrte Frau Mohr,
die Forderungen unserer Fraktion zur Vermeidung einer Zwei-Klassen-Medizin habe ich Ihnen in kurzer Form bereits in der vorangegangenen Antwort auf Ihre letzte Frage dargestellt. Gerne verweise ich auch noch einmal auf unsere Broschüre „Für eine solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung - gegen Zwei-Klassen-Medizin“.
In Kürze lauten unsere zentralen Forderungen zur Bürgerinnen- und Bürgerversicherung wie folgt:
• Alle Menschen, die in Deutschland leben, werden Mitglied der solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung. Auch Politikerinnen und Politiker, Selbstständige, Richterinnen und Richter, Beamte und andere bisher privat Versicherte werden einbezogen.
• Die solidarische Bürgerinnen- und Bürgerversicherung garantiert für alle Menschen eine umfassende Gesundheitsversorgung. Sämtliche erforderlichen Leistungen werden zur Verfügung gestellt und auch der medizinische Fortschritt wird einbezogen.
• Alle zahlen 10 Prozent des Einkommens. Bei Einkommen aus Löhnen und Gehältern zahlt der Arbeitgeber die Hälfte der Beiträge. Damit können alle notwendigen Leistungen finanziert und zugleich die Praxisgebühr und Zuzahlungen abgeschafft werden.
• Der Krankenkassenbeitrag richtet sich nach der individuellen finanziellen Leistungsfähigkeit. Das heißt, alle Einkommen aus allen Einkommensarten wie Kapital-, Miet- und Pachterträgen werden bei der Bemessung des Beitrags zugrunde gelegt.
• Wer reich ist, zahlt prozentual genauso viel. Die Beitragsbemessungsgrenze wird stufenweise angehoben und perspektivisch abgeschafft.
• Jeder Mensch erhält einen eigenständigen Krankenversicherungsanspruch, damit niemand mehr zwangsweise abhängig von anderen ist.
• Die Parität ist wiederherzustellen, indem die Arbeitgeber die Hälfte der Krankenversicherungsbeiträge ihrer Beschäftigten tragen.
• Die private Krankenversicherung wird auf Zusatzversicherungen beschränkt. Das Nebeneinander von gesetzlicher und privater Krankenvollversicherung in Deutschland ist Unsinn.
Es ist in der Tat ein Problem, dass reiche Menschen nicht zuletzt aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten viel leichter Zugang zu besserer medizinischer Versorgung haben, während sich sozial Benachteiligte häufig nicht einmal die Praxisgebühr leisten können. Menschen mit geringem Einkommen dürfen aber nicht von der Versorgung ausgeschlossen werden! Dies ist ein Grund mehr, alle Menschen gemäß ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit in die solidarische und soziale Bürgerinnen- und Bürgerversicherung mit einzubeziehen und so eine sozial gerechtere Umverteilung anzustreben. Die privaten Krankenversicherungen können in der Folge Leistungen nur noch bei Zusatzversicherungen anbieten. Natürlich bleibt es Ihnen und anderen Menschen freigestellt, Ihr Geld privat für bestimmte Gesundheitsleistungen auszugeben und so zum Beispiel „für 10.000 Euro Super-Zähne machen zu lassen“.
Für DIE LINKE gilt grundsätzlich: Jeder Mensch hat dasselbe Recht auf gute, hochwertige medizinische Versorgung. Deshalb ist das Gesundheitssystem von den Regeln des Marktes zu befreien und öffentlich zu regulieren. Denn: Gesundheit ist keine Ware!
Beste Grüße
Harald Koch