Frage an Hansjörg Durz von Beate L. bezüglich Energie
Sehr geehrter Herr Durz,
ich verfolge mit großer Sorge das Schicksal des Gesetzesentwurfes zum Kohleausstiegsgesetz. Die ursprüngliche Intention der Kohlekommission zum Kohleausstieg, diesen zu beschleunigen und die Fördermengen zu reduzieren, wird ins Gegenteil verkehrt: Keine ursprünglich geplante Festlegung für eine Obergrenze der Kohlenutzung, sondern deren inakzeptable künstliche Aufrechterhaltung. Kohleindustrie wird als „energiewirtschaftlich notwendig“ bezeichnet.
Es kommen nach Einschätzung der Börsenwelt mehr als vier Milliarden Euro Entschädigungen auf uns zu und die Pariser Klimaziele sind unerreichbar. Der französischer Klima-Bürgerrat fordert Pro-Klima-Änderung der Verfassung und unsere Politiker versuchen, im Schnelldurch ein katastrophales KohleEINstiegsgesetz durchzupeitschen.
Wie positionieren Sie sich dazu?
Mit sehr besorgten Grüßen
Beate Lippmann
Sehr geehrte Frau Lippmann
vielen Dank für Ihre Nachricht über abgeordnetenwatch zum Kohleausstiegsgesetz.
Am 3. Juli 2020 hat der Deutsche Bundestag das Kohleausstiegsgesetz und das Strukturstärkungsgesetz beschlossen. Damit wird die Koalition aus CDU, CSU und SPD ihre Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag von 2018 umsetzen. Die Kompromissfindung, die dem Gesetzgebungsprozess vorausging, bezog die unterschiedlichen Akteure aus Politik, Wirtschaft, Umweltverbänden, Gewerkschaften sowie betroffene Länder und Regionen mit ein.
Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ hat nach einem gewissenhaften Verhandlungsprozess mit allen Interessengruppen am 26. Januar 2019 ihren Bericht vorgelegt. Ihre Sorge und Ihre Kritik, denen Sie in Ihrem Anschreiben Ausdruck verleihen, nehme ich sehr ernst. Jedoch ist es im Sinne einer ausgewogenen Interessen- und Güterabwägung wichtig, dass das Generationenprojekt „Kohleausstieg“ neben den Komponenten der Sozialverträglichkeit und der Verantwortung der Umwelt gegenüber auch die wirtschaftlichen und Wachstumschancen in den betroffenen Revieren in den Blick nimmt.
Ich will Ihnen nur ein Beispiel nennen: In den Regionen der Braukohleförderung und -verstromung sind die Energieunternehmen entscheidende Wirtschaftsfaktoren und zählen zu den größten Arbeitgebern der Region. Der beschlossene Kohleausstieg darf nicht – im Falle der ostdeutschen Reviere: darf nicht wieder – zu einem Strukturbruch führen. Dieser würde die Menschen in der Region ohne Zukunftsperspektive zurücklassen. Hinzu kommt die Verantwortung für die Renaturierung der Tagebauflächen, für deren langfristige Finanzierung wir auch heute bereits durch kluge Investitionen Vorsorge treffen müssen.
Festes Ziel ist, dass Deutschland im Jahr 2035 aus der Kohle aussteigt, falls Kriterien wie die Versorgungssicherheit dem nicht entgegenstehen. Dieses Gesetz ist ein Kompromiss, wie er in unserer Demokratie üblich und notwendig ist.
Mit freundlichen Grüßen
Hansjörg Durz