Frage an Hansjörg Durz von Susanne B. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Durz,
mit neuen Gesetzen wollen Politiker mehr Organspender. Die potentiellen Spender sollen umfassend über die Organentnahme informiert werden. Wenn Sie unter http://www.faz.net/aktuell/politik/organspende-das-war-ein-katastrophaler-ausbau-von-ersatzteilen-12536010.html einen Erfahrungsbericht lesen, einer bei einer Organentnahme beteiligten Ärztin, werden Sie wahrscheinlich zu der in Kurzfassung wiedergebenen Einschätzung kommen:
"....Sie hatte einen Motorradunfall gehabt. Wahrscheinlich ist sie mit dem Kopf aufgeschlagen, so wurde eine Hirnblutung ausgelöst....die Leute, die kriegten erst mal gesagt: „Ihre Tochter ist hirntot...Der Oberarzt hat dann gesagt: „Ihrer Tochter nützen die Organe nichts mehr. Jemand anders kann mit den Organen aber weiterleben.... Wenn die Klinikangestellten in den Techniken der Gesprächsführung bewandert sind, dann kriegen sie jemand Unsicheren auch dazu, zuzustimmen...Sie müssen sich vorstellen: Sie haben da einen OP-Tisch mit einem Körper, der ist vom Hals bis knapp über dem Schambereich völlig geöffnet, ...Und dieser ausgeweidete Körper. Das hat mich sehr schockiert.
..Wenn einer der Angehörigen jemals so eine Explantation sehen würde und würde darüber sprechen oder es würde im Fernsehen gezeigt, dann gäbe es keine Einwilligungen mehr zur Organentnahme.
..Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand möchte, dass das mit seinem Körper passiert.
..ich habe beschlossen, dass ich kein Organspender sein möchte. Und konsequenterweise möchte ich auch keine Organe bekommen....".
Fragen:
Wenn Sie die potentiellen Spender über den Spendevorgang umfassend informieren, werden Sie keine freiwilligen Spender mehr haben. Wieso wollen Politiker ein Gesetz, dass dem in Ihrem Antrag formulierten Ziel offensichtlich zuwider läuft?
Werden Sie per Gesetz und Zwangsmaßnahmen, jeden zur Organ- und Gewebeentnahme heranziehen?
Mit freundlichen Grüssen
S. B.
Sehr geehrte Frau B.,
vielen Dank für Ihre Fragen zur Organspende und der Novellierung des Transplantationsgesetzes.
Lassen Sie mich zunächst vorausschicken, dass ich mir der Verantwortung bei dieser schweren Entscheidung bewusst bin. Dabei muss aber deutlich gesagt werden, dass es sich bei keinem der vorliegenden Gesetzesentwürfe in irgendeiner Form um eine Zwangsmaßnahme oder Anordnung zur Organ- oder Gewebeentnahme handelt.
Der Antrag von Bundeminister Spahn und Herrn Prof. Lauterbach betont stattdessen die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen. Durch die Einführung der doppelten Widerspruchslösung soll es nach den Antragsstellern zur Selbstverständlichkeit werden, sich mit dem Thema Organ- und Gewebespende auseinanderzusetzen und dazu eine Entscheidung zu treffen. Dabei steht es dem Einzelnen jederzeit frei, sich ohne die Angabe von Gründen auch gegen die Organspende zu stellen.
Zu diesem Thema wird am 04. Dezember in Untermeitingen auf meine Einladung eine öffentliche Diskussionsrunde mit Prof. Dr. med Christoph Anthuber und Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger stattfinden, zu der ich Sie hiermit herzlich einlade.
Mit freundlichen Grüßen
Hansjörg Durz