Frage an Hansjörg Durz von Andreas L. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Durz,
wir sind eine junge Familie mit einem Kind und haben gerade angefangen uns aus eigener Kraft etwas aufzubauen. Meine Schwiegermutter bezieht Eingliederungshilfe für Behinderte. Durch die derzeit noch geltende Schwiegerkindhaftung müssen wir uns gegenüber dem Sozialamt rechtfertigen, z.B. für die Höhe unserer Altersvorsorge, geleistete Überstunden, Gesundheitskosten, etc. Innerhalb der bestehenden Elternunterhaltsregularien lohnt sich Leistung kaum noch (50% des Nettoeinkommens über der individuellen Freigrenze müssen für den Elternunterhalt verwendet werden). Da der Haftungszeitraum noch lange andauern könnte, raten einem Anwälte sogar zur Scheidung, was die Haftung ebenfalls beenden würde. Dieser Umstand ist für unsere Familie sehr belastend.
Vor ein paar Tagen war in verschiedenen Medien (Süddeutsche Zeitung, Augsburger Allgemeine, etc.) zu lesen, dass die SPD einen Gesetzentwurf für ein Unterhaltsentlastungsgesetz erstellt hat, was neben den Angehörigen von Pflegebedürftigen auch die Angehörigen von Behinderten entlasten würde (100.000 € Grenze). Dies würde unserer Familie enorm helfen und wir haben große Hoffnung in eine zügige Umsetzung dieses Gesetzes. Bislang habe ich aus den Medien von der CSU noch keine Stellungnahme bezüglich der Entlastung von Angehörigen von Behinderten, neben der geplanten Entlastung Angehöriger von Pflegebedürftigen, entnehmen können.
Wie steht die CSU zur von der SPD geplanten Entlastung von Angehörigen von Behinderten, in unserem Fall der Entlastung von volljährigen Kindern von Behinderten beim Unterhaltsrückgriff?
Ich bitte Sie dazu um eine Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Levjar
Sehr geehrter Herr Levjar,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 06. Mai 2019, in dem Sie zum Unterhaltsentlastungsgesetz Stellung nehmen.
Das von Ihnen geschilderte Problem ist ein großes Anliegen der CDU/CSU-Fraktion und gewinnt nicht zuletzt aufgrund unserer demografischen Rahmenbedingungen für immer mehr Familien an Bedeutung.
Darum ist die erwähnte Entlastung von Angehörigen pflegebedürftiger Eltern einer von vielen Punkten bei der Verbesserung der Pflege, die wir als CSU gemeinsam mit CDU und SPD fest im Koalitionsvertrag verankert haben:
Auf das Einkommen der Kinder von pflegebedürftigen Eltern soll künftig erst ab einem Einkommen in Höhe von 100.000 Euro im Jahr zurückgegriffen werden. (KoaV 2018, S.97)
Anders verhält es sich hingegen bei dem Vorschlag einer synchronen Entlastung für Angehörige von Eltern mit Behinderung. Lassen Sie mich zunächst sagen, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion diesem Vorschlag offen gegenüber steht. Dennoch möchte ich Ihnen die strukturellen Schwierigkeiten dieser Initiative nicht vorenthalten, denn der Vorschlag seitens des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BAMS) ist nicht Teil der Koalitionsvereinbarungen:
Zum anstehenden Verfahren muss gesagt werden, dass die Federführung, also die Zuständigkeit zunächst beim BAMS liegt. Das BAMS kommt mit dem Referentenentwurf der Koalitionsvereinbarung nach. Der Gesetzesentwurf wird im nächsten Schritt vom Bundeskabinett bestätigt und erst danach für weitere Beratungen dem Bundestag übertragen. Dieser Prozess erklärt auch, warum es bisher keine öffentliche Positionierung seitens der CDU/CSU-Fraktion gibt.
Grundsätzlich können sich jedoch weder Bundeskabinett noch Bundestag in die Angelegenheiten der Bundesländer einmischen, die bei einer Erweiterung des vereinbarten Gesetzes die finanziellen Lasten zu tragen haben. Wir müssen an dieser Stelle die Reaktion der Länder abwarten, die sich in der Regel erst nach der Verabschiedung durch das Bundeskabinett dazu äußern.
Nach aktuellem Zeitplan soll der Gesetzesentwurf noch vor der Sommerpause beschlossen werden, um danach vom Parlament beraten und im November dieses Jahres verabschiedet zu werden.
Sehr geehrte Herr Levjar, in der Hoffnung Ihnen den aktuellen Sachstand verdeutlicht zu haben, bedanke ich mich für Ihre Einschätzung und werde dieses wichtige Anliegen in den nächsten Monaten aktiv verfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Hansjörg Durz