Hansjörg Durz
Hansjörg Durz
CSU
93 %
13 / 14 Fragen beantwortet
Frage von Ursula M. •

Frage an Hansjörg Durz von Ursula M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Warum können wir als mündige Bürger bis heute noch nicht selbst Abstimmen? Es gibt doch ein bundesweites Abstimmungsgesetz. Darin heißt es in Artikel 20, dass alle Staatsgewalt von der Bevölkerung ausgeht und von ihr „in Wahlen und Abstimmungen“ ausgeübt wird. Der Bundestag hat bis heute seine Pflicht nicht erfüllt, die Abstimmungen gesetzlich zu regeln.
Wie denken Sie darüber, setzen Sie sich persönlich dafür ein?

Hansjörg Durz
Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau M.,

vielen Dank für Ihre Anfrage auf meinem Profil bei abgeordnetenwatch.de.

In Art. 20 Abs. 2 des GG heißt es: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt." Die von Ihnen bemängelte Ausformung, auf welche Art und Weise die Bevölkerung ihre Staatsgewalt ausübt, kann ich nicht erkennen.
Am 24. September finden die Wahlen zum 19. Deutschen Bundestag statt, zu der jeder aufgerufen ist, der die Kriterien des § 12 Bundeswahlgesetz erfüllt. Dies gilt in der Regel für alle deutschen Staatsangehörigen, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben.
Die Bundestagswahlen sind für das Regierungssystem in Deutschland von zentraler Bedeutung, da der Deutsche Bundestag als direkt volksgewähltes Parlament im Mittelpunkt der parlamentarischen Demokratie steht. Ihm obliegt neben der Gesetzgebung (worunter auch die Erhebung von Steuern sowie die Festlegung des Bundeshaushalts fällt) v.a. auch die Wahl des Bundeskanzlers und damit zu einem wesentlichen Teil die Bestimmung der Bundesregierung, deren Geschäfte vom Deutschen Bundestag kontrolliert werden.
Der von Ihnen zitierte Art. 20 des GG findet seine Fortsetzung in Art. 38 GG. Dort heißt es: "Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen." Art. 38 GG ist für das politische System insofern zentral, als dass er die Idee der Repräsentation des Volkes durch seine Abgeordneten begründet. Insofern wird über die Volksvertretung - also den Deutschen Bundestag - indirekt die Staatsgewalt stellvertretend für die Bürgerinnen und Bürger ausgeübt. Eine andere Vorstellung, etwa die wirkliche Selbstherrschaft des Volkes (was "Demokratie" ja vom eigentlichen Wortsinn her bedeutet) ist mit der Realität eines modernen Staates nicht zu vereinbaren.

Art. 20 GG findet neben den Wahlen zum Deutschen Bundestag seine Ausformung in weiteren Wahlen: alle 5 Jahren in der Wahl zum Europäischen Parlament, der Wahl zum jeweiligen Landesparlament (meist Landtag) des jeweiligen Landes (Wahlperioden meist fünf Jahre), der Wahl zum Stadtrat bzw. Gemeinderat, in kreisangehörigen Gemeinden auch zum Kreistag, bei kreisfreien Städten meist auch zur Bezirksvertretung/zum Bezirksparlament (letzteres auch in den Stadtstaaten). Im Freistaat Bayern werden die Bürgermeister/Oberbürgermeister, sowie die Landräte direkt gewählt. Zudem gibt es in Bayern die Bezirkswahlen.

Sehr geehrte Frau M., die repräsentative Demokratie, mit dem Deutschen Bundestag als direkt gewählter Volksvertretung im Mittelpunkt des politischen Systems, hat in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland für ein hohes Maß an Stabilität gesorgt und sich als äußerst effektiv erwiesen. Dennoch ist es für uns als CSU ein Anliegen, die Bürger an der Ausgestaltung unserer Politik noch enger zu beteiligen. Bürgerbeteiligung bereichert und ergänzt für uns die parlamentarische Demokratie. Daher möchte die CSU künftig auch im Bund das Volk bei grundlegenden Fragen für Land und Menschen direkt beteiligen. Insbesondere bei nicht zu revidierenden Weichenstellungen und bei europäischen Fragen von besonderer Tragweite soll die Bevölkerung in Abstimmungen entscheiden. Und wir wollen, dass das Grundgesetz durch das deutsche Volk auch auf dem Weg von Volksbegehren und Volksentscheid mit Zweidrittel-Mehrheit geändert werden kann. Der Wesenskern der Verfassung, der Grundrechte und der föderalen Ordnung sind davon ausgenommen. Dafür werden wir uns nach der Wahl einsetzen.

Mit freundlichen Grüßen
Hansjörg Durz, MdB

Was möchten Sie wissen von:
Hansjörg Durz
Hansjörg Durz
CSU