Frage an Hansjörg Durz von Stephan G. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Herr Durz,
ich beziehe mich auf folgende Pressemitteilung des Deutschen Hebammenverbands:
Heute wurde von der Schiedsstelle die Aussage veröffentlicht, dass in Zukunft der Arzt das alleinige Weisungsrecht besitzt, die Art der Geburt festzulegen, wenn der Termin um nur drei Tage überschritten wird.
Da die Berechnung des Geburtstermins auf geschätzten Daten basiert, ist eine exakte Bestimmung nicht möglich. Bislang musste lediglich der Arzt nach 14 Tagen über mögliche Risiken aufklären.
Der Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe hat in einer Rede vom 20.3.2014 folgende Aussage getroffen:
"Das Bekenntnis des Koalitionsvertrages, eine ortsnahe Geburtshilfe und eine angemessene Vergütung der Hebammen in unserem Land sicherzustellen, ist nicht nur ein Arbeitsauftrag der Koalition, sondern mir auch ein persönliches Herzensanliegen."
Diese Entscheidung der Schiedsstelle steht in einem krassen Widerspruch zu der von Hrn. Gröhe getätigten Aussage, da die Hebammen faktisch entmündigt werden. Der Arzt hat die Weisungsbefugnis zu entscheiden, ob eine Hausgeburt durchgeführt werden darf oder nicht. Und das schon bei Überschreitung von drei (!) Tagen.
Ich sehe somit das Selbstbestimmungsrecht werdender Eltern nicht mehr gegeben, frei zu entscheiden, auf welche Art ihr Kind zur Welt kommt, sofern keine zwingenden medizinischen Gründe dagegen sprechen.
Dorothee Bär schreibt: "Wir schreiben Familien nicht vor, welches Familienmodell sie in welcher Lebensphase leben sollen, sondern bieten ihnen Wahlmöglichkeiten. Denn jedes Kind ist anders, und Familien haben unterschiedliche Bedürfnisse."
Bezieht sich das auch auf die Hausgeburt?
Wird sich die CDU/CSU-Fraktion gegen den Schiedsspruch stellen?
Wird CDU/CSU-Fraktion die Hebammen bei der Haftpflichtversicherung zu unterstützen?
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Giuliari
Sehr geehrter Herr Giuliari,
herzlichen Dank für Ihre Frage auf Abgeordnetenwatch.de.
Gerne möchte ich zur Thematik der Hebammenversorgung in Deutschland und zur Entscheidung der Schiedsstelle Folgendes ausführen:
Mit Hilfe der Schiedsstelle wurde Ende September eine Vereinbarung zwischen dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und dem Deutschen Hebammenverband e.V. getroffen. Damit wurden Verbesserungen in der Qualitätssicherung bei Hausgeburten erreicht und die Zahlung eines Sicherstellungszuschlags in Höhe von 5 Prozent festgelegt. Außerdem wurde eine großzügige Regelung zur Übernahme der Haftpflichtprämien für Hebammen durch die Krankenkassen beschlossen.
Die getroffenen Maßnahmen zur Qualitätssicherung sorgen für mehr Sicherheit bei Hausgeburten und schränken gleichzeitig das Recht auf Selbstbestimmung des Geburtsortes nicht ein. Aus meiner Sicht steht das Wohl von Mutter und Kind an oberster Stelle. Besteht kein gesundheitliches Risiko, soll jede Frau ihren Geburtsort frei wählen können. Dies bleibt auch mit dem Urteil der Schiedsstelle gewährleistet.
Die künftig geltende Qualitätssicherung basiert auf Qualitätskriterien, die stark angelehnt sind an jene, die bereits seit dem Jahr 2008 bei Geburten in Geburtshäusern gelten. Beispielsweise müssen Schwangere, die eine Hausgeburt planen, bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren wie etwa einer Beckenanomalie, eine zusätzliche ärztliche Untersuchung in Anspruch nehmen. Ebenso ist ein Arzt zu konsultieren, sobald der Geburtstermin um drei Tage überschritten ist. Ich bin der Meinung, dass die Realisierung der Vergütungserhöhung um 5 Prozent sehr wohl auch das im Koalitionsvertrag festgelegt Ziel der Stärkung und Wertschätzung des Hebammenberufs umsetzt.
Denn durch den Schiedsspruch wurde darüber hinaus festgelegt, dass jede Hebamme eine Refinanzierung der Berufshaftpflichtversicherung als Pauschale erhält, sofern sie eine geburtshilfliche Leistung pro Quartal nachweisen kann. Dies trägt auch dem dramatischen Anstieg der Prämien für die Haftpflichtversicherung in den vergangenen Jahren Rechnung . Bisher erfolgte die Refinanzierung der Prämien in Abhängigkeit der Zahl der betreuten Geburten.
Durch die neuen Pauschalen werden gerade Hebammen in dünn besiedelten Regionen besser unterstützt. Dies auch deshalb, weil die neuen Voraussetzungen für die Übernahme der Prämien auch bei wenigen Geburten leicht zu erfüllen sind.