Frage an Hansjörg Durz von Bernd H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Durz,
wie ist Ihre Position zu ÖPP-Projekten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Ihnen als Parlamentarier nur unzureichender Einblick gewährt wird und der Bundesrechnungshof diese Art der Finanzierung als äußerst kritisch bewertet?
Wäre es nicht sinnvoller für den Staatshaushalt, zu den Einkommenssteuersätzen unter Kanzler Kohl zurückzukehren, um die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung zu haben, anstatt die durch Steuersenkung "eingesparten Steuern" der Privatfinanziers, mit der Verpflichtung entsprechende Renditen erwirtschaften zu müssen, heranzuziehen?
Mit freundlichen Grüßen
Herwig
Sehr geehrter Herr Herwig,
vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.de. Sogenannte Öffentlich-Privaten-Partnerschaften (ÖPP) erfordern einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Daher haben CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag verabredet, die Möglichkeiten der Zusammenarbeit von öffentlichen und privaten Geldgebern oder Infrastrukturgesellschaften im Rahmen von ÖPP als zusätzliche Beschaffungsvariante zu nutzen, wenn dadurch Kosten gespart und Projekte wirtschaftlicher umgesetzt werden können. Dies muss ebenso wie bei Betriebsvergaben in jedem Einzelfall jedoch transparent und unabhängig nachgewiesen werden. Dabei spielt die sogenannte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung eine zentrale Rolle: ÖPP darf nur eingesetzt werden, wenn sich im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung die privatwirtschaftliche Realisierungsform als wirtschaftlicher erweist als die herkömmliche Durchführung von Maßnahmen. Bei Einhaltung der vorgegebenen Auflagen halte ich die Realisierung von Infrastrukturprojekten über ÖPP für eine sinnvolle Ergänzung zu herkömmlichen Finanzierungsformen. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur stellt auf seiner Internetseite sehr umfangreiche Informationen zum Thema „ÖPP im Fernstraßenbau“ zur Verfügung, auf die ich Sie gerne aufmerksam machen möchte: http://www.bmvi.de/DE/VerkehrUndMobilitaet/Verkehrstraeger/Strasse/OePPImFernstrassenbau/oepp-im-fernstrassenbau_node.html
Unser Gemeinwesen ist – etwa zur Finanzierung sowie zum Unterhalt von Infrastruktur – auf verlässliche Steuereinnahmen angewiesen. Dafür bedarf es eines gerechten Steuerrechts, das die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit in den Mittelpunkt stellt und zugleich gewährleistet, dass niemand in seinen Abgaben überfordert wird. Oder mit anderen Worten: Starke Schultern müssen mehr tragen als schwache. Deutschland verfügt wegen seines progressiven Steuersystems meines Erachtens derzeit insgesamt über ein zeitgemäßes und wettbewerbsfähiges Steuerrecht, das diesem Anspruch hinreichend gerecht wird. So haben beispielsweise im Jahr 2011 die oberen 5 % der Steuerpflichtigen 41,5 % der Einkommenssteuerlast getragen. Die oberen 25 % der Steuerpflichtigen sogar 76,9 %. Gleichzeitig bin ich jedoch der Überzeugung, dass man die Schraube nicht überdrehen sollte, weil dadurch der Zusammenhalt unserer Gesellschaft gefährdet und die Leistungsbereitschaft der Menschen droht geschwächt zu werden. Daher lehne ich die Idee einer Einkommenssteuererhöhung ab. Zudem möchte ich darauf hinweisen, dass in den 90er Jahren die Steuersätze zwar höher waren als heute, gleichzeitig jedoch die Möglichkeiten zur Minderung der Steuerlast damals weit höher war. Ganz aktuell ist es Deutschland und anderen Staaten gelungen, einen globalen Standard zum automatischen Informationsaustausch über Kapitalerträge zu verabreden. Daran werden sich insgesamt 51 Länder und juristische Gebiete beteiligen. Auch das ist ein weiterer wichtiger Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit, da es in Folge immer schwieriger werden wird, Geld und Kapitalerträge vor dem heimischen Fiskus zu verstecken. Insgesamt wird dadurch die Einnahmeseite des Staates weiter gestärkt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Hansjörg Durz