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Hans-Ulrich Post
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Frage von Kurt V. •

Frage an Hans-Ulrich Post von Kurt V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Post,

das Wahlprogramm Ihrer Partei sagt u.a.:
?Wir fordern mehr direkte Demokratie auch in den Parteien. Das Volk soll den Willen der Parteien bestimmen, nicht umgekehrt.
Meine Fragen hierzu sind:
> Wie, bitte, soll das konkret verwirklicht werden, und wie würden Sie sich dafür einsetzen?
> Können Sie sich vorstellen, Volksabstimmungen nach schweizer Muster, auch in Deutschland einzuführen?
> Hielten Sie so etwas überhaupt für realisierbar?
> Welche Themen/Fragestellungen könnten Sie sich dafür vorstellen?
> Wie könnte es erreicht werden, dass das Volk den Willen der Parteien bestimmt, und nicht die Parteien dem Volk vorgeben, was es denken muss?

Für Ihre Antwort danke ich Ihnen bereits jetzt.

Kurt Veigel

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Antwort von
AfD

Sehr geehrter Herr Veigel,

über Ihre dezidierten Fragen zum Thema "Direkte Demokratie" habe ich mich gefreut und hoffe, Ihnen im Folgenden zufriedenstellende Antworten zu liefern. Als Neuling in der Politik (diese Eigenschaft teile ich mit den meisten Kandidaten meiner Partei) hatte ich mir eigentlich vorgenommen, nicht in das übliche Politiker-"Geschwafel" zu verfallen bzw. mich davon anstecken zu lassen. Nachdem ich meine Antworten jetzt noch einmal gelesen habe, stelle ich fest, dass es doch mehr geworden ist ... Ich stelle also fest, dass es Fragen gibt, die man nicht nur mit "ja" oder "nein" beantworten kann. Sehen Sie mir meine "Ausführlichkeit" deshalb bitte nach. Sie haben ja auch nicht nur eine Frage gestellt!

Im Wahlprogramm der Alternative für Deutschland heißt es: „Parteien sollen am politischen System mitwirken, es aber nicht beherrschen. Wir fordern mehr direkte Demokratie auch in den Parteien. Das Volk soll den Willen der Parteien bestimmen, nicht umgekehrt.“

Die Alternative für Deutschland praktiziert und fördert demokratische Prozesse auf allen Ebenen der Partei. Hierfür werde auch ich mich einsetzen. Die Mitglieder einer Partei sollten mehr Mitbestimmung einfordern und interne Abstimmungsprozesse demokratischer gestalten.

Es darf nicht sein, dass Parteigremien und Parteiführungen an Stelle der Mitglieder Inhalte und Kandidaturen vorbereiten und Delegiertenversammlungen lediglich noch abnicken dürfen.

Auch dürfen Abgeordnetenmandate keine „Erbhöfe“ sein, die erst mit Erreichen der Altersgrenze beendet werden. Ich werde mich dafür einsetzen, dass vor jeder Parlamentswahl die Kandidatenfrage offen von der Parteibasis her diskutiert wird und auch Gegenkandidaturen für Abgeordnetenmandate zugelassen werden.

Ich könnte mir sogar ein geändertes Wahlrecht zu den Parlamenten vorstellen, bei welchem der Wähler aus einer Menge von Kandidaten einzelne auswählen könnte, ohne an Parteilisten gebunden zu sein. Dadurch wäre die Macht der Parteispitzen und Funktionäre deutlich geringer. Die Partei hätte dann eher ein Interesse, möglichste gute Kandidaten zu präsentieren (und keine angepassten Parteisoldaten!).

Volksabstimmungen nach dem Vorbild der Schweiz kann ich mir für Deutschland nicht nur vorstellen, sie gehören zu meinen Zielen wie auch zu den Zielen der Alternative für Deutschland. Warum sollten sie bei uns nicht realisierbar sein? Es sind nur die Gegner dieser Demokratieform, die uns das Gegenteil einreden wollen.

Direktdemokratische Instrumente bilden einen wichtigen Baustein zur Erweiterung und gesellschaftlichen Vertiefung der Demokratie. Die seit vielen Jahren sinkenden Mitgliederzahlen von Parteien sowie ein stetiger Rückgang der Wahlbeteiligung auf allen Ebenen zeigen deutlich, dass sich immer weniger Menschen durch die Parlamente vertreten fühlen. Aufgabe der Politik ist es daher meiner Meinung nach, die Demokratie an die sich wandelnden gesellschaftlichen Verhältnisse anzupassen und, über Wahlen hinaus, durch Plebiszite mehr demokratische Teilhabe zu schaffen. Voraussetzung für eine stabile Demokratie sind Strukturen zur Entscheidungsfindung, die von einer Mehrheit der Bevölkerung für legitim befunden werden. Darüber hinaus würden Volksabstimmungen z.B. über kostspielige Entscheidungen dem abstimmenden Bürger deutlich machen, dass zusätzliche staatliche Ausgaben für ihn selbst mit höheren Steuern und Abgaben verbunden sind, was zu bedeutend niedrigeren Staatsausgaben, Staatseinnahmen und Staatsschulden führen würde.

Der Vorteil der direkten gegenüber der repräsentativen Demokratie zeigt sich am deutlichsten dann, wenn der zu entscheidende Gegenstand von herausragender Bedeutung für die Wähler ist. Studien belegen, dass der Informationsstand der Bürger signifikant höher ist, wenn sie selbst entscheiden können und nicht der Entscheidung von Vertretern (Parlamentsabgeordneten) ausgeliefert sind. Die direkte Demokratie wirkt damit der Apathie großer Bevölkerungsteile entgegen.

Überflüssig zu erwähnen: Wären wir vor Einführung der jetzigen Währung gefragt worden, wäre uns das gesamte derzeitige Krisenszenario erspart geblieben!

Andersherum belegt die Gründung der Alternative für Deutschland und ihr derzeitiger Zuspruch, dass es eine große Anzahl von Bürgern gibt, welche am politischen Leben nicht nur teilhaben, sondern sogar mitgestalten möchte und welcher der derzeitige Politikstil nicht zusagt. Hätten wir die direkte Demokratie bereits im Grundgesetz verankert, wäre die Parteigründung wahrscheinlich nicht erfolgt!

Themen, welche durch Plebiszite entschieden werden sollten, gibt es zuhauf: Grundgesetzänderungen, Einsetzen einer deutschen Verfassung (denn die haben wir immer noch nicht!), Währungsfragen, Bundeswehr-Auslandseinsätze, Abgeben von Kompetenzen an die EU, oder wie jetzt am 13. Juni 2013 fast heimlich geschehen, an die EZB und den ESM. Ich könnte mir auch fakultative Volksentscheide vorstellen, wenn krasse Fehlentscheidungen unserer Gesetzgebungsorgane korrigiert werden müssten.

Letztendlich würde ein Mehr an direkter Demokratie auch ein Mehr an Berücksichtigung des Bürgerwillens durch die Parteien bewirken. Alleine die Aussicht auf Korrektur politischer Entscheidungen durch den Souverän dürfte im Vorfeld für mehr Bürgernähe sorgen. Jeglicher Lobbyismus ist zu untersagen. Die Amtszeit von Regierungsmitgliedern sollte nach meiner Meinung auf höchstens zwei Wahlperioden beschränkt sein.

Art. 38 des Grundgesetzes, der den Abgeordneten nur seinem eigenen Gewissen unterwirft, hat unbedingt Beachtung zu finden. Die Ausübung eines Fraktionszwanges ist zu ahnden.

Weder ich selbst noch die Alternative für Deutschland möchten die repräsentative Demokratie durch die direkte ersetzen. Es geht darum, die im Grundgesetz vorgesehene repräsentative Demokratie stärker als bisher durch plebiszitäre Elemente zu ergänzen.

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Ulrich Post