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Hans-Ulrich Krüger
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Frage von Thomas S. •

Frage an Hans-Ulrich Krüger von Thomas S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Dr. Krüger,

der Presse war zu entnehmen, dass die IKB nunmehr für rd. EUR 100 Mio. an den texanischen Finanzinvestor Lone Star verkauft wurde. Über EUR 10.000 Mio. öffentliche Gelder und damit Steuergelder wurden zur so genannten Rettung der IKB aufgewandt. Wenn ich richtig informiert bin, ist dies ungefähr die Hälfte der Mehreinnahme aus der Mehrwertsteuererhöhung Anfang des Jahres, die Sie uns zugemutet haben. Daneben soll es weitere Haftungsübernahmen z. B. für Prozessrisiken aus gegen die IKB gerichtete Schadenersatzklagen geben. Vor diesem Hintergrund kann man den erzielten Verkaufserlös nur als symbolisch einstufen und den staatlichen Ausflug ins Banking, wie in anderen Fällen auch, als Totalschaden verbuchen. Es fällt auf, dass wenig bis gar nicht über die Verantwortung für das Debakel bei KFW und IKB diskutiert wird. Man fragt sich, wo die Finanzmarktaufsicht war und wofür in die Aufsichtsgremien der KFW und IKB entsandte Ministerialbeamte und Politiker ihre Aufsichtsratstantiemen bezogen haben. Nun, da der Verkauf des Instituts nicht mehr gestört werden kann, besteht m.E. ein deutliches öffentliches Interesse daran, dies schnellstens aufzuklären. Würden Sie hierzu die Forderung nach Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses unterstützen?

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Sander

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Sander,

haben Sie herzlichen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch.de, mit welcher Sie den Verkauf der IKB an den Finanzinvestor Lone Star und die damit zusammenhängende Risikoabsicherung durch den Bund kritisieren. Leider komme ich erst heute dazu, Ihnen zu antworten.

Wie Sie wissen, ist die IKB Deutsche Industriebank eine Bank, deren Kerngeschäft das Kreditgeschäft bzw. die Kreditfinanzierung von mittelständischen Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungsgewerbe ist.

Größter Aktionär war die staatliche KfW-Bankengruppe.
Im Sommer 2007 geriet die IKB als Folge der Krise aus dem US-Amerikanischen Hypothekenmarkt in eine Existenz bedrohende Schieflage. Die IKB hatte sich - wie viele andere Banken - in hohem Maße in strukturierten Finanzierungsprodukten engagiert und musste im Zuge der Krise Abschreibungen in Milliardenhöhe auffangen. Zu der Krise kam es, weil zahlreiche Amerikaner - auch viele mit vergleichsweiser schlechter Bonität - während der Boom-Phase im amerikanischen Hypothekenmarkt von den Banken Darlehen zum Hauskauf erhielten. Als die Spekulations-Blase platzte, konnten zahlreiche Kredite nicht mehr bedient werden. Und die betroffenen amerikanischen Institute rissen Banken auf der ganzen Welt in eine der schwersten Finanzkrise der vergangenen Jahrzehnte.

Welche Gründe gab es nun für die Rettung der IKB?
Eine insolvente IKB hätte das Vertrauen in das gesamte deutsche Bankenwesen erschüttert - mit unabsehbaren gesamtwirtschaftlichen Folgen für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland. Weiterhin wären alle Guthaben der Anleger aus der gesamten Bundesrepublik einschließlich Versicherungen und Kommunen voraussichtlich in zweistelliger Milliardenhöhe verloren gewesen. Um dies zu verhindern, sprangen der Bund, die Bankenwirtschaft und die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit einem finanziellen Rettungspaket ein.

Weder die Fortführung der IKB unter Regie der KfW noch eine Zerschlagung oder die Insolvenz der Bank stellen in einer Gesamtbetrachtung eine sinnvolle Alternative zum Verkauf dar. Diese Einschätzung der Bundesregierung wurde von der deutschen Kreditwirtschaft und zahlreichen ausgewiesenen Fachleuten (unter anderem Bundesbank und BaFin) geteilt.

Im Vordergrund der Entscheidung stand die Abwehr erheblichen Schadens für den deutschen Banken- und Finanzsektor. Die damit verbundenen volkswirtschaftlichen negativen Auswirkungen hätten auch für die Öffentlichen Haushalte ein hohes und unkalkulierbares Risiko dargestellt. Eine Fortführung der Geschäftstätigkeit unter KfW-Regie wäre daher nur schwer realisierbar gewesen.

Eine weitere Frage ist, ob die IKB als Mittelstandsbank erhalten bleibt.
Die IKB bleibt als wichtiger Mittelstandsfinanzierer in Deutschland bestehen. Nicht zuletzt, weil der Käufer weiteres Kapital in die IKB einbringt, bekommt die IKB eine neue Perspektive als Mittelstandsbank.
Die KfW kann sich nach Abschluss des Verkaufs wieder voll auf ihre Kernaufgabe konzentrieren. Im Mittelpunkt steht weiterhin der Förderauftrag der KfW, der da wäre: Günstige Förderung in den Bereichen Mittelstand, Unternehmensgründungen, Wohnen, Umwelt, Klimaschutz, Bildung und Infrastruktur.

Zwar beträgt die bilanzielle Gesamtbelastung der KfW aus der IKB-Krise rund acht Milliarden Euro.

Dennoch steht die KfW auf einer soliden finanziellen Basis und ist in ihrer Risikotragfähigkeit nur vorübergehend eingeschränkt.

Welche Belastungen entstehen im Bundeshaushalt durch die IKB-Krise?
Während der Unterstützungsaktion für die IKB hat der Bund rund 1,2 Milliarden Euro übernommen. Im Rahmen des Verkaufsprozesses hat der Bund der KfW zudem die Übernahme einer Garantie von bis zu 600 Millionen Euro zugesagt. Die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme dieser Garantie ist jedoch gering.

Unter Abwägung aller möglichen Alternativen stellt der Verkauf der IKB-Anteile die bestmögliche Lösung dar. Eine Insolvenz der IKB hätte - wie bereits ausgeführt - zu einem weitreichenden Vertrauensverlust und zu einem großen Schaden für den Finanzplatz Deutschland geführt - mit negativen Folgen für Wachstum und Beschäftigung.

Auf der anderen Seite wäre der in anderen Staaten (Großbritannien/Northern Rock) beschrittene Weg der Verstaatlichung einer Bank mit einer weit höheren Belastung der öffentlichen Haushalte verbunden gewesen.

Die Entscheidung zum Verkauf der IKB an den Finanzinvestor Lone Star in Höhe von ca. 100 Millionen Euro erfolgte nach einer Gesamtbewertung von mehreren Kriterien.
Wichtig erscheint mir hierbei:
Mit dem finanzstarken Investor gelang es, die IKB als wichtigen Mittelstandsfinanzierer in Deutschland zu erhalten.
Gleichzeitig bleiben die bisherigen und zukünftigen Risiken für KfW und Bund klar begrenzt.

Zur Diskussion der Verantwortung der BaFin und der Verantwortungsgremien der KfW und IKB teile ich nicht Ihre Auffassung, dass keine Diskussion stattfindet.
Die Opposition im Deutschen Bundestag hat die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses in der Tat gefordert. Letztlich ist die Opposition sich aber selber uneinig darüber, die entsprechende Mehrheit zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, welcher eine originäre Aufgabe der Opposition darstellt, herbeizuführen.
Aber auch die Bundestagsfraktionen in der Großen Koalition haben klar und deutlich Auskunft von der Bundesregierung darüber gefordert, wie teuer die Rettungsaktion für den Bund kommt.
Insofern denke ich, dass über die Auswirkungen des IKB-Verkaufs und mit den in diesem Zusammenhang übernommenen Risiko-Garantien des Bundes durchaus öffentlich diskutiert wird.

Sehr geehrter Herr Sander,
ich hoffe, dass ich Ihnen mit den Ausführungen zum Verkauf der IKB im Rahmen der globalen Finanzkrise weiterhelfen konnte und darf Ihnen abschließend mitteilen, dass gerade wir als SPD-Bundestagsfraktion darauf drängen, dass zukünftig Banken nicht mehr in der Lage sind, um jeden Preis zu spekulieren mit der Folge, dass letztendlich die öffentlichen Haushalte für die Folgen derartiger Gier einspringen müssen, um weit größeren volkswirtschaftlichen Schaden zu begrenzen.

Ich glaube, mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz, das wir vor kurzem beschlossen haben, ist uns diesbezüglich ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung gelungen.

Ich wünsche Ihnen ein besinnliches und gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Start in das Jahr 2009!

Mit freundlichen Grüßen.
Dr. Hans-Ulrich Krüger, MdB