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Hans-Ulrich Krüger
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Frage von Christian W. •

Frage an Hans-Ulrich Krüger von Christian W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Krüger,
zugegeben - initiiert aus Verärgerung über den letzten Einkommenssteuerbescheid - meine Frage: Wie erklärt sich das eklatante Mißverhältnis zwischen steuerlichem und unterhaltsrechlichem Existenzminimum für Kinder?
Meine Situation als Trennungsvater: ich zahle für zwei Kinder > 14 Jahre nach Düsseldorfer Tabelle Stufe 6 Kindesunterhalt i.H. v. 9432 .- Euro jährlich und stelle damit deren Existenzminimum sicher, dies übrigens gerne, bei einem Nettoeinkommen von 35000.- Euro jährlich. Meine geschiedene Frau bekommt zudem deren hälftigen Kindergeldanteil ( 1848.- Euro) bzw. den halben Kinderfreibetrag (5808.- Euro), da Bar- und Betreuungsunterhalt gleichwertig sein sollen.Nur am Rande: ich wende ca. 3000 .- Euro im Jahr dafür auf, meine Kinder regelmäßig zu sehen (Fahrkosten, Verpflegung etc.) und decke so 20% der Betreuung der Kinder ab - ohne Möglichkeit, dies steuerrechtlich oder unterhaltsrechtlich geltend zu machen, da ich dafür den hälftigen Kinderfreibetrag von 5808.- Euro bzw. hälftiges Kindergeld von 1848.- Euro bekomme, welches ich aber für das Barexistenzminimum einzusetzen habe ... was ja an die Mutter geht.
Jetzt wirds aber kompliziert, ich seh`s ein.
Vereinfacht: dem unterhaltsrechtlichen Existenzminimum von 9432.- Euro (für zwei Kinder) für den Barunterhalt, welches ich als Trennungsvater alleine aufzubringen habe, steht ein steuerlicher Kinderfreibetrag von 5808.- Euro gegenüber,mit dem ich die Zusatzkosten zum Barunterhalt zur Erfüllung der Umgangspflicht auch noch finanzieren soll. Die Mutter verfügt so über das 1 1/2 fache des Existenzminimums, ich kann nur den halben Satz steuerlich geltend machen.
Wieso?
MfG
Wasser

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wasser,

nach sorgfältiger Prüfung Ihrer Anfrage vom 9. Dezember 2006 und Einschaltung des Bundesfinanzministeriums kann ich Ihnen zu dem von Ihnen dargestellten Sachverhalt Folgendes mitteilen:

Unabhängig vom Familienstand oder der Anzahl der erziehenden Personen wird dem Umstand, dass Eltern ihren Kindern zum Unterhalt verpflichtet sind, im Rahmen der Einkommensteuer durch den so genannten Familienleistungsausgleich (§ 31 des Einkommensteuergesetzes - EStG) Rechnung getragen.

Nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes muss die Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit von Eltern, die durch den Unterhalt von Kindern in Höhe des Existenzminimums entsteht, steuerlich berücksichtigt werden. Bei der Besteuerung der Eltern wird daher ein dementsprechender Betrag steuerfrei belassen; nur das darüber hinausgehende Einkommen darf besteuert werden. Damit wird vermieden, dass Eltern bei gleich hohem Einkommen höher besteuert werden als Kinderlose. Dies wird letztlich sichergestellt durch entsprechend hohe Freibeträge für Kinder (Kinderfreibetrag sowie Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf), die das zu versteuernde Einkommen verringern, zunächst aber durch monatlich gezahltes Kindergeld als Steuervergütung vorab (Familienleistungsausgleich). Für jedes Kind wird derzeit ein Betrag in Höhe von 2.904,- Euro je Elternteil steuerfrei belassen.

Der Familienleistungsausgleich vollzieht sich bei getrennt lebenden Eltern wie folgt:
Das Kindergeld wird in voller Höhe an den Elternteil gezahlt, in dessen Haushalt das Kind lebt (so genanntes Obhutsprinzip, § 64 EStG). Durch die Regelungen in § 1612b des Bürgerlichen Gesetzbuches erhält jedoch letztlich jeder Elternteil die Hälfte des Kindergeldes, es sei denn, der Unterhaltspflichtige ist außerstande, Unterhalt in Höhe von 135 Prozent des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer prüft das Finanzamt bei jedem Elternteil, unabhängig von der Behandlung beim anderen Elternteil, ob durch den Anspruch auf das halbe Kindergeld die verfassungsrechtlich gebotene Steuerfreistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des halben Existenzminimums eines Kindes bewirkt wird. Nur wenn dies nicht der Fall ist, werden zu Gunsten des Steuerpflichtigen die halben Freibeträge für Kinder (§ 32 Abs. 6 EStG) abgezogen und der Anspruch auf das halbe Kindergeld der sich dann ergebenden Einkommensteuer hinzugerechnet.

Bei einem unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht vorliegen (z. B. während des gesamten Veranlagungszeitraumes getrennt lebende Eltern), können auf Antrag eines Elternteils die Freibeträge für Kinder des anderen Elternteils auch auf ihn übertragen werden, wenn nur er seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind im Wesentlichen nachkommt, § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG.
Der Zustimmung des anderen - seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommenden - Elternteils bedarf es nicht.
Voraussetzung ist jedoch, dass eine Verpflichtung zur Unterhaltszahlung gegenüber dem Kind besteht und der andere Elternteil dieser Unterhaltsverpflichtung nicht im Wesentlichen nachkommt. Ein Elternteil kommt seiner Barunterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind im Wesentlichen nach, wenn er sie mindestens zu 75 v. H. erfüllt. Der Elternteil, in dessen Obhut das Kind sich befindet, erfüllt seine Unterhaltsverpflichtung in der Regel durch die Pflege und Erziehung des Kindes. Insofern entspricht die Wertung des Einkommensteuergesetzes der Wertung des Bürgerlichen Gesetzbuches in Bezug auf das Unterhaltsrecht.

Durch das Kindergeld bzw. die Freibeträge für Kinder werden - in verfassungskonformer Weise - alle typischen Aufwendungen für den Unterhalt und die Berufsausbildung eines Kindes berücksichtigt. Es handelt sich um pauschale in typisierender Weise bemessene Beträge, die unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung den sozialen Belangen aller Steuerpflichtigen Rechnung tragen sollen (siehe auch Bericht über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern für das Jahr 2008 - Sechster Existenzminimumbericht - Bundestags-Drucksache 16/3265). Die finanzielle Belastung der Eltern durch Unterhalt und Berufsausbildung von Kindern können aus mancherlei Gründen verschieden hoch sein. Bei der Einkommensbesteuerung kann jedoch nicht allen im Einzelfall bestehenden Unterschieden Rechnung getragen werden, weil dies praktisch nicht zu bewältigen und auch sehr streitanfällig wäre. Die grundsätzlich pauschale Abgeltung des existenziell Notwendigen liegt deshalb sowohl im Interesse der Praktikabilität als auch der Rechtssicherheit.

Sinn und Zweck der typisierenden Pauschalregelung schließen es deshalb grundsätzlich aus, Aufwendungen für den Unterhalt und die Ausbildung von Kindern steuerlich zusätzlich zu berücksichtigen, wenn sie das existenziell Notwendige übersteigen. Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch dann, wenn den Eltern in einem Einzelfall besonders hohe Aufwendungen für den Unterhalt oder die Ausbildung eines Kindes entstehen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Ulrich Krüger, MdB