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Hans-Ulrich Krüger
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Frage von Andreas B. •

Frage an Hans-Ulrich Krüger von Andreas B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Hallo Herr Krüger,

aufgrund diverser gesundheitlicher Einschränkungen ist es mir,(50), leider nicht mehr möglich erfolgreich auf dem Arbeitsmarkt vermittelt zu werden.
Als einzige akzeptable Lösung bot sich daher die Arbeit in einer Behinderten-Werkstatt an. Das hört sich vielleicht nicht so an aber auch dort wird anspruchsvolle Arbeit geleistet (ich selber arbeite in der digitalen Archivierung). Ich frage mich und damit auch Sie:
Warum wird die Arbeit dort geradezu unmenschlich bezahlt? (ca.180€ monatlich)
Warum gibt es seit Jahren keine Anhebungen der Entgelte? Die Lebenshaltungskosten steigen doch auch laufend.
Ich würde mich sehr freuen darauf Antworten zu erhalten bzw. vielleicht auch einmal Hinweise an wen man sich wenden kann um höhere Entlohnung zu bekommen. Eine Gewerkschaft gibt es ja in diesem Bereich nicht soweit mir das bekannt ist.
Herzlichen Dank vorab für eine baldige Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Andreas Bumiller

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Bumiller,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage vom 22. Mai 2015.

Ich bitte um Entschuldigung für die Verzögerung bei der Beantwortung Ihrer Frage, und danke Ihnen zugleich für die Geduld, die Sie diesbezüglich aufbringen mussten. Bedauerlicherweise ist es im Hinblick auf den erheblichen Arbeitsaufwand eines Bundestagsabgeordneten, insbesondere in der aktuellen Situation der zahlreichen und intensiven politischen Auseinandersetzungen, nicht immer möglich, auf Anfragen zu speziellen Themen unmittelbar zu antworten. Ich hoffe jedoch, Ihnen mit meiner heutigen Auskunft noch weiterhelfen zu können.

Bezüglich Ihrer Ausführungen möchte ich Ihnen zunächst einmal ausdrücklich zustimmen: Zweifellos wird in einer Werkstatt für behinderte Menschen unter den gegebenen Umständen und Möglichkeiten der Beschäftigten von diesen eine anspruchsvolle und zu würdigende Arbeitsleistung erbracht. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Entlohnung von 180 Euro monatlich zunächst in der Tat als absolut unzureichend.

Jedoch sind auch die folgenden Aspekte zu berücksichtigen: Die Arbeit in einer Werkstatt für behinderte Menschen kann nicht ohne Weiteres mit der Arbeit in einem “normalen” Betrieb verglichen werden: Denn der gesamte Arbeitsprozess in einer Werkstatt für behinderte Menschen besteht nur zu einem Teil aus der wertschaffenden Arbeit der Beschäftigten, in einem erheblichen Umfang werden in der Werkstatt Eingliederungsleistungen der Fachkräfte für die Werkstattbeschäftigten erbracht, welche wiederum Kosten verursachen. Konkret bedeutet dies, dass die Arbeit der Werkstattbeschäftigten durch die Fachkräfte pädagogisch angeleitet, individuell gestaltet und therapeutisch begleitet wird. Dies, und der Umstand, dass der größte Anteil der Werkstattbeschäftigten in seiner Leistungsfähigkeit stark eingeschränkt ist, führen dazu, dass eine Werkstatt für behinderte Menschen in der Regel nur sehr geringe Gewinne erwirtschaften kann.

Im Vergleich zu einem “normalen” Betrieb besteht dabei eine für den Werkstattbeschäftigten grundsätzlich günstige Regelung: In § 12 Absatz 5 der Werkstättenverordnung ist geregelt, dass eine Werkstatt für behinderte Menschen mindestens 70% ihres gesamten Arbeitsergebnisses für die Entgeltzahlungen an ihre Beschäftigten auskehren muss. Eine solche Regelung besteht für Betriebe im regulären Wirtschaftsleben nicht. Da jedoch das Arbeitsergebnis der Werkstätten aus den oben genannten Gründen in der Regel nur sehr gering ausfällt, wirkt sich diese Vorschrift bedauerlicherweise nicht dahingehend aus, dass das Einkommen eines Werkstattbeschäftigten dem eines Arbeitnehmers auf dem primären Arbeitsmarkt angeglichen würde.

Eine Werkstatt für behinderte Menschen ist also nicht mit einem regulären Betrieb vergleichbar, da hier nicht die Gewinnmaximierung, sondern die berufliche und persönlichkeitsbildende Förderung der Beschäftigten im Vordergrund steht. In der Regel erhalten die Werkstattbeschäftigten überdies Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch XII, so dass sichergestellt wird, dass der (in der Tat geringe) Verdienst in der Werkstatt nicht die einzige Lebensgrundlage der Beschäftigten darstellt.

Ich möchte Ihnen abschließend noch einige Hinweise für weitere Ansprechpartner geben.

Da Sie mir keine näheren Informationen zu Ihrer Werkstatt und der Branche, in der sie tätig ist, mitteilen, kann ich von hier aus keine Aussage bezüglich der zuständigen Gewerkschaft treffen.

Jedoch können Sie dies in Erfahrung bringen, indem Sie sich an den Werkstattrat Ihrer Werkstatt wenden. Dies ist Ihre Interessenvertretung in der Werkstatt und vergleichbar mit einem Betriebsrat in einem regulären Betrieb (falls Sie nähere Informationen dazu wünschen: § 139 Sozialgesetzbuch IX sowie die Werkstätten-Mitwirkungsverordnung sind die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die Mitwirkung in Werkstätten für behinderte Menschen).

Ich kann Ihnen jedoch darüber hinaus sagen, dass in den meisten Gewerkschaften Arbeitskreise bestehen, welche sich mit den Rechten von behinderten Menschen im Erwerbsleben beschäftigen. Auf Bundesebene finden Sie etwa bei ver.di diese Ansprechpartner: https://arbeitsmarkt-und-sozialpolitik.verdi.de/ueber-uns/ansprechpartner-innen

Weitere Links und Adressen stellt ver.di hier zur Verfügung:
https://arbeitsmarkt-und-sozialpolitik.verdi.de/arbeiten-und-leben/arbeiten-und-leben-mit-beeintraechtigung/++co++de851d9c-42e2-11e3-a4dc-52540059119e

Zudem haben Sie hier auch eine Anlaufstelle des ver.di Landesverbandes NRW:
https://nrw.verdi.de/themen/personengruppen/behinderte

Schließlich möchte ich Ihnen noch folgenden Tipp geben: Der BAG WfbM e.V. (Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen e.V.) ist ein seit 1975 bestehender, eingetragener gemeinnütziger Verein, welcher sich für die Rechte von Beschäftigten in Werkstätten für behinderte Menschen einsetzt. Hier finden Sie viele nützliche Auskünfte, gerade auch zum Verdienst in Werkstätten und zudem weitere Kontaktmöglichkeiten: http://www.bagwfbm.de/page/55

Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit etwas weiterhelfen.

Ich wünschen Ihnen alles Gute und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Ulrich Krüger