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Hans-Ulrich Krüger
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Frage von Andreas W. •

Frage an Hans-Ulrich Krüger von Andreas W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Krüger,

eine verfasste Demokratie kann ohne eine freie und unabhängige Presse nicht ihre vorgesehene demokratische funktionsweise erfüllen. Das Grundgesetz stellt diese Erkenntnis über einen sehr allgemeinen Satz ("Eine Zensur findet nicht statt") klar. Desweiteren garantiert das Grundgesetz das Grundrecht auf unabhängige, wahrheitsgetreue politische Information.

Dieses Grundrecht auf freie und tatsachengetreue politische Meinungsbildung wird vom Gesetzgeber (zumindest bisher) als wichtiges demokratisches Gut gewertet, welches z.B. sogar durch Finanzleistungen gegenüber Schwerbehinderten Ausdruck finden kann, ein Beweis dafür dass der Staat auch keine Ausgaben scheut um dieses Grundrecht überall zu gewährleisten.

Demgegenüber steht aber in den letzten Jahren eine Entwicklung, in welcher viele ehemals unabhängige aber in finanzielle Schwierigkeiten gekommen Medien in Deutschland und Europa sich einen gewinnorientierten Eigentümer suchen mussten. Natürlich leidet unter einer solchen Entwicklung das kritische Denken der Journalisten, und heute spricht man von journalistischer "Mainstream Kultur" oder auch von "freiwilliger Selbstzensur".

Natürlich gibt es bei diesen Entwicklungen Gewinner und Verlierer. Und beim gegenwärtig in den Parteien herrschenden wahlpolitischen Nutzendenken bezweifle ich dass sich eine Mehrheit für eine Sicherung des Grundrechts auf unabhängige Information finden lässt, zumal sich besagte Medien vermutlich ungerne "unter den Rock" schauen lassen.

Können hier Bürgerengagement und parlamentarische Arbeit wirksam sein, oder muss man hier eher eine judikative Würdigung der Grundrechte erwarten ? Wie ist es möglich dieser Problematik zu begegnen ?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wenzel,

haben Sie Dank für Ihre Frage über abgeordnetenwatch.de, die ich wie folgt beantworte:

Wie Sie wissen, ist das Thema Medienkonzentration kein neues Phänomen. Bereits seit der Industrialisierung der Presse durch die technisch ökonomischen Veränderungen im 19. Jahrhundert haben bestimmte gesellschaftliche Kräfte immer wieder versucht, die Monopolisierung der Medien zu befördern und unternehmerische Interessen durchzusetzen.

Mit Ihnen bin ich der Meinung, dass eine pluralistische Gesellschaft, die von Meinungsvielfalt und der Freiheit der Meinungsbildung geprägt ist, zu ihrem Funktionieren eine ausgeprägte Presse- und Medienvielfalt benötigt. Eine marktbeherrschende Stellung von Medienunternehmen birgt stets die potentielle Gefahr der Ausnutzung der meinungsbildenden Macht zu politischen Zwecken. Publizistischer Wettbewerb ist daher eine Voraussetzung für jede Demokratie. Dies gilt nicht nur für bundesweite Medien, sondern auch in jeder Region.

Presse-Fusionen waren in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik vollkommen ungehindert möglich. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass Konzentrationstendenzen im Printsektor kontraproduktiv sind und hat daher die Möglichkeiten zu Fusionen im § 38 Abs. 3 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) eingeschränkt.

Es wird weiterhin Aufgabe der Politik sein, Presse-Fusionen zu kontrollieren und ihren Blick auf Medienkonzentrationen zu erweitern. Auch ist es Aufgabe des Gesetzgebers, sich hier für die Erhaltung von Medienvielfalt einzusetzen und singulären Tendenzen entgegen zu wirken.

Fraglich ist jedoch, ob dies allein mit Hilfe von parlamentarischen Maßnahmen zu erreichen ist. Ob staatliche Regulierung letztendlich erfolgreich und sinnvoll erscheint, bleibt abzuwarten. Einen anderen Weg geht das so genannte "Media Governance"-Konzept, das eine umfassende Rechenschaftspflicht der Medien gegenüber der Gesellschaft vorsieht. Es beinhaltet die Auseinandersetzungen mit unternehmerischen und journalistischen Risiken, die zwangsläufig durch Medienmacht entstehen. Mittels neuer Leitbilder, gesellschaftlicher Umweltbilanzen oder medienethischer Kodizes sollen führende Medienkonzerne ihr unternehmerisches und publizistisches Handeln transparent machen und belegen, damit sie ihrer gewachsenen demokratischen Verantwortung nachkommen. Zugleich werden sie dazu angehalten, mögliche Demokratie-unverträgliche Folgen unternehmerischer Strategien und Handlungsanweisungen in öffentlichen Hearings zu rechtfertigen. Sollten sie dann professionelle und redaktionelle Vorschriften missachten, muss eine Produkthaftung von allen Anspruchsgruppen einklagbar sein. Die flächendeckende Implementierung eines solchen "Media Governance"-Konzepts würde Eigentümer, Management und Medienschaffende dazu zwingen, sich regelmäßig mit unternehmerischen und journalistischen Risiken auseinanderzusetzen. Ob hierzu die jetzige Medienbranche und die Medienpolitik zu einem solchen Schritt bereit sind, muss allerdings abgewartet werden.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Ulrich Krüger, MdB