Frage an Hans-Ulrich Krüger von Stefan S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Krüger,
ich wende mich an Sie in Ihrer Funktion als finanzpolitischer Sprecher der SPD.
In den Gesetzentwürfen zur Änderung des Grundgesetzes (16/12410) und zum Begleitgesetz zur zweiten Föderalismusreform (16/12400) wird am Freitag über die sogenannte "Schuldenbremse" abgestimmt, die es ab 2020 verbietet mehr als 0,35% des BIP als Kredit aufzunehmen.
Wir durchleben derzeit eine Wirtschaftskrise in deren Folge mehrere Banken zusammengebrochen sind, Banken mit Milliarden an öffentlichen Geldern gestützt oder gekauft werden oder aber öffentliche Garantien ausgesprochen werden. Desweiteren werden milliardenschwere Konjunkturpakete geschnürt.
Meine Fragen dazu wären:
Werden internationale Wirtschaftskrisen ab 2020 abgeschafft? Und wenn nicht, werden dann heute als systemrelevant geltende Banken ab 2020 nicht mehr unterstützt und gehen pleite? Oder werden sie unterstützt und dafür an anderen Bereichen, etwa in den Sozialsystemen, gespart? Gesetzt den Fall es gäbe 2021 eine ähnliche Krise, sehen Sie die Gefahr das die "Schuldenbremse" zu einer ähnlich prozyklischen Politik wie der Brünings in den späten 20er Jahren führt?
Vielen Dank für Ihre Antwort
Sehr geehrter Herr Schreiber,
vielen Dank für Ihre Anfrage über „abgeordnetenwatch.de“
Die Einführung der Schuldenbremse ist ein deutliches Signal für eine nachhaltige Finanz-und Haushaltspolitik.
Wir dürfen kommenden Generationen keinen handlungsunfähigen Staat hinterlassen, dessen Gestaltungsspielraum durch erdrückende Zinslasten ausgehöhlt wird.
Durch die Schuldenbremse soll dieser Spielraum erweitert werden, indem die Schuldenstandsquote und die relative Zinsbelastung gesenkt wird.
Die notwendige Handlungsfähigkeit des Staates zur Krisenbewältigung wird durch die Schuldenbremse aber nicht beeinträchtigt. Der Spielraum des Bundes, auf konjunkturelle Probleme zu reagieren, ist insgesamt sehr viel größer als es die Fokussierung auf das 0,35%-Kriterium in der öffentlichen Diskussion aufzeigt. Beim Bund ist eine strukturelle Verschuldung nur noch in Höhe von 0,35 % des Bruttoinlandsproduktes zulässig. Auch ist die Schuldenbremse in der Krise flexibel: Bund und Länder dürfen sich weiterhin in der Höhe von 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschulden. Konjunkturbedingte Defizite werden so zugelassen. Sie sind allerdings im Konjunkturaufschwung wieder zurückzuführen. Die neue Schuldenregel umfasst außerdem eine Ausnahmeregelung, die im Falle einer außergewöhnlichen Notsituation greift. Aktuell würde die gegenwärtige Finanzmarkt-und Wirtschaftskrise eine solche Ausnahmesituation darstellen. Kapital für konjunkturstärkende Maßnahmen in der Krise, wie sie jetzt notwendig wurden, wird somit auch in Zukunft eingesetzt werden können. Der Deutsche Bundestag kann in solchen Notsituationen mit der Mehrheit seiner Mitglieder – der sog. Kanzlermehrheit, die auch bei der Wahl des Bundeskanzlers notwendig ist - eine höhere Verschuldung beschließen. Diese Ausnahme ist in der Höhe nicht beschränkt, muss allerdings in angemessener Frist konjunkturgerecht zurückgeführt werden.
Aufgrund dieser Ausgestaltung der Schuldenbremse wird die Befürchtung, diese Regel mache eine prozyklische Politik notwendig, m.E. entkräftet.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Ulrich Krüger