Setzen Sie sich dafür ein, dass das Bündnis 90/Die Grünen die Prüfung eines Verbots der AfD beim zuständigen Bundesverfassungsgericht beantragt?
Sehr geehrter Herr Behrens,
ich habe Angst um die Demokratie in unserem Land. Ein Rechtsgutachten des Deutschen Instituts für Menschenrechte kommt zu dem Schluss, dass die AfD die Kriterien für ein Verbot erfüllt. Setzen Sie sich in der Landesregierung dafür ein, die Prüfung für ein Verbot dieser Partei zu beantragen?
Mit freundlichem Gruß
C.K.
Sehr geehrte Frau K.,
vielen herzlichen Dank für Ihre Zuschrift, die ich Ihnen gerne beantworte.
Grundsätzlich teile ich Ihre Sorgen, was die stetige Radikalisierung der AfD betrifft. Diese Entwicklung hat nun leider durch die aktuellen Umfrageergebnisse sowie den letzten Parteitag der AfD zur Aufstellung ihrer Kandidat*innen zur Europawahl eine neue Qualität gewonnen. Für mich ist klar, dass diese Partei sich außerhalb des demokratischen Spektrums bewegt und eine massive Belastung für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellt.
Für mich und meine Fraktion ist es daher ein zentrales Anliegen, die AfD im politischen Wettbewerb zu stellen und zu bekämpfen, um zu verhindern, dass sie jemals in irgendeine Form von Regierungsverantwortung kommt.
Wir sind uns der Gefahren, die von der AfD ausgehen, bewusst. Dennoch halte ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Einleitung eines Parteiverbotsverfahren nicht für angebracht.
Es ist richtig und wichtig, dass unsere Verfassungsordnung ein derartiges Verfahren vorsieht. Mit der Möglichkeit eines Parteiverbots kann sich unsere demokratische Grundordnung gegen entsprechende Angriffe wehren. Gleichzeitig hat die jüngere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der gescheiterten NPD-Verbotsverfahren nochmals aufgezeigt, dass dieses scharfe Schwert nur unter strengsten Voraussetzungen und somit als ultima ratio eingesetzt werden darf. Schließlich handelt es sich bei einem Parteienverbot um einen Eingriff in den Kernbereich unserer demokratischen Verfassungsordnung, welche Parteien als zentrale Akteure vorsieht.
Daher kann ein solches Verfahren nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die strengen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts tatsächlich erfüllt werden und damit alle Voraussetzungen für ein erfolgreiches Verfahren vorliegen. Hier bedarf es einer umfassenden und mit größter Sorgfalt betriebenen Prüfung.
Aus meiner Sicht ist hier die Vorarbeit und Bewertung durch die Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder zentral. Derzeit wird die AfD auf Ebene des Bundes sowie auf Ebene ihres baden-württembergischen Landesverbandes durch die zuständigen Verfassungsschutzämter lediglich als Verdachtsfall eingestuft. Die Verfassungsschutzämter sind noch im laufenden Prüfungsverfahren.
Erst auf der Grundlage einer Bewertung durch die Verfassungsschutzämter kann eine politische Entscheidung durch die antragsberechtigten Verfassungsorgane (Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung) getroffen werden, ein gegen die AfD gerichtetes Parteienverbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht einzuleiten.
Unsere Demokratie lebt von engagierten Bürger*innen. Deswegen möchte ich mich für Ihr zivilgesellschaftliches Engagement bedanken und noch einmal unterstreichen, dass wir das Anliegen des Kampfs gegen den Rechtsextremismus teilen. Das Schwert des Parteienverbotsverfahrens sollte nur gezogen werden, wenn die vom Bundesverfassungsgericht angelegten Kriterien erwartbar erfüllt werden. Aktuell setzen wir auf die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz und darauf, die AfD im politischen Wettbewerb zu stellen und immer wieder deutlich zu machen, dass es sich dabei nicht um eine „normale“ Partei innerhalb des demokratischen Verfassungsbogens handelt.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Behrens