Frage an Hans-Peter Bartels von Norbert F. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehreter Herr Bartels,
Die Rente mit 67 Jahren wird von den Menschen mit schweren körperlichem Einsatz wohl mehrheitlich nicht erreichbar sein.
Warum sagt man nicht ehrlich und offen, dass die dadurch "erzwungene" Frühverentung mit Abschlägen gewollt ist.
Warum ist die SPD so ein Verfechter der Rente mit 67, wenn sie angeblich die einzigste soziale Partei sein will?
Im meinem Seniorenarbeitskreis besteht Unklarheit darüber, wie sie über die Rente mit 67 abgestimmt haben?
Sehr geehrter Herr Fischer,
Dank für Ihre Fragen zur Rente mit 67.
Um mit der Beantwortung Ihrer letzten Frage zu beginnen: Ich habe im Bundestag für die schrittweise Heraufsetzung des gesetzlichen Renteneintrittsalters von 65 auf 67 Jahre (von 2012 bis 2029) gestimmt.
Lassen Sie mich Ihnen einige Fakten und Argumente nennen, die für die Diskussion um das Thema "Rente mit 67" wesentlich sind:
- Die laufenden Rentenzahlungen (gegenwärtig etwas 240 Mrd. Euro im Jahr) werden zu etwa je einem Drittel von den heutigen Arbeitnehmern, von den Arbeitgebern und aus dem Bundeshaushalt (d.h. von allen Steuerzahlern) aufgebracht.
- Wie hoch die Renten im Jahr 2029 sein werden, hängt ab von der Lohnentwicklung bis dahin und vom Wohlstand unserer Gesellschaft zum gegebenen Zeitpunkt. Höhere Löhne und Gehälter steigern das Rentenniveau.
- Seit Jahren steigt die Lebensarbeitszeit nicht, sondern sie sinkt, insbesondere durch längere Schul- und Ausbildungszeiten mit entsprechend späterem Berufseinstieg. Gleichzeitig hat sich das tatsächliche Renteneintrittsalter aber erst wenig nach hinten verschoben. Hinzu kommen die Ausfälle durch Arbeitslosigkeit.
- Die Zahl der Rentnerinnen und Rentner und die Bezugsdauer der Rente steigen dank wachsender Lebenserwartung kontinuierlich. Das ist ein Zeichen des Fortschritts und ein Teil des Wohlstandes unserer Gesellschaft. Gleichzeitig sinkt die Zahl der nachwachsenden Kinder (und späterer Arbeitskräfte und Beitragszahler) dramatisch.
Unser Land wird immer mehr auf ältere Arbeitnehmer angewiesen sein! Dafür brauchen wir allerdings eine Beschäftigungskultur, in der es für Arbeitnehmer mit schweren körperlichen Belastungen rechtzeitig Rehabilitationsangebote, Qualifizierungen und Transfermöglichkeiten auf andere Arbeitsplätze gibt. Ziel muss es sein, ein möglichst hohes Maß an Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten. Hier wird noch viel Umdenken in Betrieben und bei öffentlichen Arbeitgebern nötig sein. Es geht künftig um "alternsgerechtes" Arbeiten: um Arbeit, mit der man gut älter werden kann, und um Arbeit, die den Fähigkeiten und ggf. Einschränkungen langjährig Beschäftigter gerecht wird. Dazu werden wir übrigens auf dem nächsten SPD-Landesparteitag (21./22. März in Elmshorn) eine Debatte haben und einen Antrag (an dem ich mitgewirkt habe) beraten.
Was die "Rente mit 67" angeht, so hat die SPD-Bundestagsfraktion im Gesetzgebungsverfahren damals eine Vorbehaltsklausel zur Anpassung des Rentenalters durchgesetzt, die die Bundesregierung dazu verpflichtet, ab 2010 alle vier Jahre zu prüfen, ob in Hinblick auf die tatsächliche Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Anhebung der Regelaltersgrenze weiterhin vertretbar ist (oder, wie Sie befürchten, nur zu noch mehr "Vorruhestand" mit entsprechenden Abschlägen führt). Eine Revision wäre dann möglich.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Bartels