Frage an Hans-Peter Bartels von Rainer W. J. bezüglich Gesundheit
Sehr geerhter Herr Dr. Bartels,
wegen des Gesundheitsfonds hatte ich - und zwar vor dessen Verabschiedung im Bundestag - Ihre SPD-Bundestagsfraktion angeschrieben und starke Bedenken angemeldet, ob sich die darin gesetzten Erwartungen erfüllen werden. Die zuständige SPD-Arbeitsgruppe hat mir recht ausführlich geantwortet und dabei auch versucht die Vorteile dieses Fonds glaubhaft zu machen. Meine Bedenken allerdings sind geblieben. Besonders auch deswegen, weil ich die Aussage der Arbeitsgruppe (sinngemäß) "dadurch wird der Wettbewerb unter den Krankenkassen forciert, weil sie nun bessere Leistungen für die Versicherten erbringen müssen" nicht nachvollziehen kann. Am Beispiel der AOK (Schleswig-Holstein) frage ich mich, wie das funktionieren soll ? Bekanntlich liegt der heutige Beitragssatz dieser Kasse über dem jetzt festgelegten einheitichen Beitragssatz. Das bedeutet doch, die AOK wird zukünftig weniger Geld aus den Beiträgen der Versicherten einnehmen und damit weniger Geld für mehr Leistungen (für die Versicherten) zur Verfügung haben.
Ganz schlimm sind jedoch die Rentner betroffen ( zu denen auch ich gehöre ), die nicht bei den AOK´s pflichtversichert sind. Hier liegen die heutgen Krankenversicherungsbeitragssätze teilweise bis zu 3 v.H. unter dem neuen Beitragseinheitssatz. Folgerichtig erhöhen sich damit die Krankenveicherungsabzüge von der Brutto-Rente und diese Betroffenen (ich schätze bis zu 2 Mio. pflichtversicherte Rentner, die im übrigen auch Wählr snd) können das noch nicht einmal mit den gesunkenen Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung kompensieren. Unter sozial verstehe ich etwas anderes. Warum beteiligt sich die SPD, die einmal als die Partei des "kleinen Mannes" galt, an solchen sogenannten Reformen, die stets an die Geldbörse der lohnabhängig arbeitenden und der ärmeren Bevölkerungsteile gehen?
Mit freundlichen Grüßen
Rainer W. Johann
Sehr geehrter Herr Johann,
vielen Dank für Ihre Fragen zum Gesundheitsfonds.
Mit dem Start des Gesundheitsfonds am 1. Januar 2009 zahlen Sie den gleichen allgemeinen Beitragssatz wie alle gesetzlich Versicherten. So können Sie künftig die Zusatzleistungen der verschiedenen Kassen leichter und besser vergleichen. Dazu kommt: Durch den Gesundheitsfonds müssen die Kassen zwangsläufig ihren Service verbessern. Denn im Wettbewerb zwischen den Kassen entscheiden künftig Service und Leistungen, nicht der Beitragssatz.
Ihre Befürchtung, dass die AOK Schleswig-Holstein aufgrund des nun geringeren Beitragssatzes künftig weniger Geld für ihre Versicherten zur Verfügung haben wird, ist unbegründet: Alle Krankenkassenbeiträge der Versicherten fließen ab Januar in den Gesundheitsfonds. Der verteilt das Geld an die einzelnen Krankenkassen. Jede bekommt soviel Geld, wie sie objektiv braucht: Die Kasse mit mehr kranken Mitgliedern bekommt mehr Geld als die mit den jungen gesunden Versicherten. Der Fonds sorgt für Fairness. Für viele AOK-Versicherte wird die Krankenkasse günstiger.
Sie schreiben, dass die Rentner durch den Gesundheitsfonds besonders schlimm betroffen sind: Etwa 56% aller Rentnerinnen und Rentner zahlen mit dem Beitragssatz 2009 entweder weniger oder maximal 0,1% von ihrer Rente mehr an die Krankenkassen als bisher. Bei einer gesetzlichen Rente von etwa 1.100 Euro zum Beispiel wären das 1,10 Euro im Monat oder 13,20 Euro im Jahr. Darunter fallen z.B. auch die rund 3,4 Mio. Rentnerinnen und Rentner, die bei den beiden großen Ersatzkassen BEK und DAK versichert sind.
Bei rund 30% aller Rentnerinnen und Rentner liegt die Belastung zwischen 0,1% und 0,5%, also im gewählten Beispiel zwischen 1,10 Euro und 5,50 Euro im Monat. Gut 13% aller Rentner sind bei Kassen, die für das Mitglied zwischen 0,5% und 0,95% teurer werden (5,50 Euro bis 10,45 Euro im Monat).
Die großen Versorgerkassen mit ihren vielen Rentnerinnen und Rentnern hätten 2009 ihren Beitrag um einen ganzen Prozentpunkt oder mehr anheben müssen, während die "Internetkassen", die fast nur Junge und Gesunde versichern, mit einer weitaus niedrigeren Anhebung ausgekommen wären. Die Schere zwischen Jung/gesund/günstige Kassen und Älter/kränker/teurere Kassen wäre noch weiter aufgegangen. Der Wettbewerb über Beitragssätze (statt Service und Leistungen) hätte sich weiter verschärft.
Die gesetzliche Krankenversicherung ist ein Herzstück unseres Sozialstaats. Sie sorgt dafür, dass die medizinisch notwendige Versorgung für alle Versicherten zur Verfügung steht. Dieses weltweit vorbildliche Gesundheitssystem zu erhalten, hat für uns Sozialdemokraten Priorität. Es geht bei dieser Gesundheitsreform in der Tat zunächst nicht um Leistungsausweitungen für den einzelnen Versicherten, sondern um leistungssichernde Strukturveränderungen. Gerade für die sogenannten "kleinen Leute".
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Bartels