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Hans-Peter Bartels
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Frage von Jürgen V. •

Frage an Hans-Peter Bartels von Jürgen V. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Bartels,

zunächst möchte ich Ihnen ganz herzlich danken für Ihre Antwort auf meine kritische Anfrage vom 20.03. diesen Jahres. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass mich diese Antwort durchaus zufriedengestellt hat und mir ein Blick auf Ihre Homepage den Eindruck vermittelt hat, dass die Bürger Ihres Wahlkreises bei Ihnen gut aufgehoben sind. Zumindest auf mich wirken Sie glaubwürdig und kompetent.
Mit großem Interesse habe ich auch Ihr Buch "Victory -Kapitalismus" gelesen und in diese Richtung gehen meine Fragen:

1. Inwieweit sehen Sie eine Möglichkeit, dass es der nationalen Politik, ggf. im EU- Rahmen, gelingt, multinational agierende Konzerne zu "bändigen" und diese angemessen an der Finanzierung staatlicher Infrastruktur zu beteiligen?

2. Wie bewerten Sie die zunehmende Privatisierung ehemals staatlicher Kerninfrastruktur hinsichtlich der damit verbundenen Abhängigkeit des Staates bzw. der Gesellschaft in diesen überlebenswichtigen Infrastrukturbereichen von rein profitorientierten Unternehmen?

3. Ist es nicht an der Zeit, parteiübergreifend zu definieren und festzulegen, welche Kernbereiche staatlicher Infrastruktur nicht dem "Raubtierkapitalismus" überlassen werden dürfen? Und kann es nicht sein, dass die Linkspartei auch deswegen so ein hohen Zulauf findet, weil die Bürger spüren, dass die zunehmende Privatisierung staatlicher Infrastruktur, letztlich den Bürger hilflos den Unternehmen in diesen Kernbereichen ausliefern würde?

Mit freundlichem Gruss
Jürgen Velten

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SPD

Sehr geehrter Herr Velten,

vielen Dank für Ihre Fragen und für Ihre freundlichen Worte über meine Homepage und meine Arbeit. Ich teile Ihre Skepsis gegen den in den vergangenen Jahren weitverbreiteten Glauben an die nur segensreiche Wirkung von Privatisierungen öffentlicher Infrastruktur und Dienstleistungen.

Es gibt sicher Aufgaben, die nicht notwendigerweise der Staat erfüllen muss. Es ist aber eine Illusion zu glauben, Private könnten es stets besser. Die Erfahrungen, die ich als Mitglied des Verteidigungsausschuss machen konnte, sind sehr gemischt. In der Bundeswehr haben wir in einigen Bereichen Projekte gestartet, um unter Einbeziehung von privaten Anbietern bestimmte Aufgaben, etwa im Fuhrparkmanagement, bei Instandhaltungen, bei den Liegenschaften oder im Bereich der Kantinen, effizienter zu organisieren. Die Erfahrungen sind unterschiedlich. Keineswegs wird es in allen Fällen billiger (oder besser), wenn private Dienstleister engagiert werden. Diese Beobachtung lässt sich auch in manchen anderen Bereichen machen. Wohin ungehemmte Deregulierung und Privatisierung führen können, zeigen die angelsächsischen Experimente, wo Thatcher und Reagan den Staat mit aller Macht „gesundschrumpfen“ wollten. Mit dem Ergebnis, dass beispielsweise die öffentliche Infrastruktur – Bahn, Stromversorgung – inzwischen dramatisch schlechter ist als bei uns.

Was die Frage nach der Beteiligung multinationaler Konzerne an der Finanzierung staatlicher Infrastruktur angeht, so ist es heute in der Tat schwieriger als in der Vergangenheit. Unternehmen nutzen die Unterschiede in den nationalen (Steuer-)Gesetzgebungen sehr geschickt zum eigenen Vorteil. Versteuert wird dann oft da, wo die Tarife am günstigsten sind. Dagegen hilft nur politisches Handeln. Wenn der Einfluss nationaler Politik geringer geworden ist, müssen wir es auf der nächst höheren Ebene zu versuchen, in Europa. Das ist nicht einfach, die 27 Mitgliedsstaaten haben vielfach divergierende Interessen und manche der neu Hinzugekommenen wollen zunächst eigenen Wohlstand schaffen, gelegentlich auch auf Kosten der alten Mitgliedsstaaten. Die vor einigen Jahren in Kraft getretene europaweit einheitliche Regelung von Zinskontrollen zur besseren Bekämpfung der Steuerflucht zeigt, dass es möglich ist, auf EU-Ebene zu gemeinsamen Standards zu kommen. Ich bin dafür, diesen Weg weiterzugehen und gemeinsam auf europäischer Ebene Vorkehrungen zu treffen, dass die Mitgliedstaaten nicht gegeneinander ausgespielt werden können.

Dem Ziel, dass Unternehmen ihre Gewinne hierzulande versteuern, dient auch die – nicht unumstrittene – Unternehmenssteuerreform. Mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen sollen Gewinnverlagerungen ins Ausland erschwert werden, damit Unternehmen ihre Gewinne auch tatsächlich in Deutschland versteueren. Eine gute Übersicht über die Unternehmenssteuerreform, die am 1. Januar 2008 in Kraft treten wird, finden Sie auf der Internetseite der SPD-Bundestagsfraktion ( http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_dok/0,,38672,00.html ).

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Peter Bartels