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Hans-Peter Bartels
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Frage von P. S. •

Frage an Hans-Peter Bartels von P. S. bezüglich Wirtschaft

Guten Tag, sehr geehrter Herr Dr. Bartels,

ich habe gleich mehrere Fragen, die nicht nur um die Wirtschafts- und Sozialpolitik kreisen.
Ich werde meine Anliegen durchnummerieren, die übergeordnete Frage an den Anfang stellen und den Fokus meiner Wissensdurst in dem jeweiligen Themengebiet durch konkretisierende Fragen verdeutlichen.

1) Welchen Standpunkt vertreten Sie in der sogenannten ´Kapitalismusdebatte´, die Franz Müntefering vor einigen Wochen anstieß und die nun im Schatten der bevorstehenden Parlamentswahlen im Sande verläuft? Ist unsere Wirtschaftsordnung gefährdet, ihren sozialen Anteil zu verlieren? Wie weit, wenn überhaupt, sollen Konzerne, Investmentfirmen und ihre Manager soziale und patriotische Ansprüche umsetzen? Welche Möglichkeiten und Mittel sehen Sie, die von Gerhard Schröder geforderte soziale Verantwortung gerade der größeren Konzerne, einzufordern und sicher zu stellen?

2) Welche Effekte des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzliche Krankenkassen (GKV-Modernisierungsgesetz) sehen Sie im Vordergrund? Halten Sie dieses Gesetz für geeignet zu mehr Beschäftigung zu führen? Halten Sie dieses Gesetz weiter für sozial ausgewogen und gerecht? Wie sehen Sie das Verhältnis ziwschen diesem Gesetz und der deutschen Erfindung des Soldiarprinzips?
Wo sehen Sie ferner die Verantwortung für die Kassenlage der gesetzlichen Krankenkassen?

3) Wie groß schätzen Sie den Spielraum für Belastungen der Angestellten und Arbeiter in Bezug auf private (eigenverantwortliche) Altersvorsorge, private Arbeitslosenversicherung, höherer Mehrwertsteuer, Zuzahlungen und Lohnausfall im Krankheitsfall, ....ein?

4) Wie schätzen Sie die weitere langfristige Entwicklung der Beschäftigungszahlen im Arbeiter- oder Angestelltenverhältnis in den Hochtechnologieländern ein?

5) Wenn Sie persönlich die Verteilung des Bundeshaushaltes vornehmen sollten, auf welche Ressorts entfiele welcher prozentuale Anteil des Haushaltes?

6) Was motiviert Sie persönlich, sich für einen Sitz im Bundestag zur Wahl zu stellen?

Ihren Antworten sehe ich gespannt entgegen und danke Ihnen für dieselben im Voraus.

Mit freundlichem Gruß
Schinowski

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte/r Frau/Herr Schinowksi,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die Sie mir über „kandidatenwatch.de“ haben zukommen lassen. Gern gehe ich auf Ihre Anmerkungen ein.

Die von Franz Müntefering angestoßene „Kapitalismusdebatte“ halte ich für absolut richtig und notwendig. Es ist legitim, die Wirtschaft an ihre Verantwortung zu erinnern. Niemand verlangt, dass ein Unternehmen Verluste macht. Aber es gibt eine soziale Verantwortung der Wirtschaft – nicht nur, weil es so auch im Grundgesetz steht. Die Renditeerwartung höher und höher zu schrauben und sogar noch Arbeitsplätze abzubauen, selbst wenn die Gewinne sprudeln, kann nicht ohne Widerspruch bleiben. Nicht die Marktwirtschaft als Organisationsidee steht in Frage, wohl aber die zunehmende Radikalisierung der kapitalistischen Praxis. Deshalb brauchen wir eine Rückkehr zur sozialen Markwirtschaft und zur Kooperation von Wirtschaft und Staat statt Kapitalismus pur.

Ich habe mich an dieser öffentlichen Debatte mit einem Buch (Titel: „Victory-Kapitalismus. Wie eine Ideologie uns entmündigt“, erschienen im Frühjahr im Verlag Kiepenheuer & Witsch) beteiligt. Informationen zu diesem Buch sowie politische Diskussionsbeiträge von mir zu diesem und anderen Themen finden Sie auf meiner Homepage: www.hans-peter-bartels.de.

Zum GKV-Modernisierungsgesetz: Mittlerweile werden die Erfolge der im überparteilichen Konsens verabschiedeten (und vielfach kritisierten) Gesundheitsreform sichtbar. Einige Zahlen: Nach einem Defizit von rund 3,5 Milliarden Euro in 2003 erzielte die Gesetzliche Krankenversicherung 2004 einen Überschuss von vier Milliarden Euro und auch 2005 wird ein deutliches Plus erwartet. Die Kassenausgaben für Arzneimittel im Jahr 2004 sind um rund 2,5 Milliarden Euro gesunken, das sind 11 Prozent weniger als 2003. Mit dem Überschuss sollen Schulden abgebaut und Beitragssätze gesenkt werden. Ohne die Gesundheitsreform läge der durchschnittliche Beitragssatz bei über 15 Prozent. Für weitere Informationen zur Gesundheitsreform empfehle ich Ihnen die Homepage www.die-gesundheitsreform.de, eine Internetseite des Bundesgesundheitsministerium.

Richtig ist aber auch: Die Gesundheitsreform war ein Kompromiss zwischen Bundestag – mit rot-grüner Mehrheit – und Bundesrat – mit einer Mehrheit unionsregierter Länder. Hätten wir als Sozialdemokraten allein entscheiden können, hätte die Reform anders ausgesehen. In unserem Wahlmanifest sprechen wir uns für die Einführung einer Bürgerversicherung aus, um unser Gesundheitswesen auch für die Zukunft als solidarisches Versicherungssystem zu erhalten. Mehr über unsere Vorstellungen erfahren Sie unter http://buergerversicherung.spd.de.

Für die Bürgerversicherung wie auch für die anderen Bereiche der Sozialversicherung gilt: Wir halten an solidarisch finanzierten Systemen fest, eine Privatisierung der großen Lebensrisiken (Krankheit, Arbeitslosigkeit, Pflege) und der Altersversorgung lehnen wir ab. Eigenvorsorge kann und soll – wo es sinnvoll ist – die bestehende Systeme ergänzen, keinesfalls aber ersetzen.

Motivation meines politischen Engagements ist, um auch Ihre abschließende Frage kurz zu beantworten, meine Überzeugung, dass es wichtig ist, die Zukunft selbst aktiv politisch zu gestalten, die Dinge nicht einfach treiben zu lassen. Richtschnur meines politischen Handelns sind – was sonst? – die drei Grundwerte der Sozialdemokratie: Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Peter Bartels