Frage an Hans-Peter Bartels von Hans-Jürgen W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Bartels,
in Ihrem Essay "Wider die Politikverachtung" sprechen Sie sich für ein Institut für die Didaktik der Demokratie aus, um damit der Unkenntnis der Bevölkerung entgegenzuwirken. Da ich nicht galube, dass die Politikerverdrossenheit auf Unkenntnis beruht, möchte Ihnen hier die Gründe für meine persönliche Politikerverdossenheit -nicht Politikverdrossenheit- darlegen und würde mich über Ihre Antwort freuen.
1. Ich empfinde Abgeordnete, die viele sogenannte "Nebentätigkeiten" haben und diese nicht einmal veröffentlichen nicht als Volksvertreter, sondern als Firmen- und Lobbyvertreter, die ihr vom Volk verliehenes Mandat für "gutes Geld" regelrecht verkaufen.
Frage:
Wie ist Ihre Position zu den sogenannten "Nebentätigkeiten" der Abgeordneten?
2. Ich möchte mit meiner Stimme nicht eine von den Parteigewaltigen aufgestellte Abgeordnetenliste wählen, sondern mehrere Abgeordnete zur Auswahl angeboten bekommen um so beispielsweise auszuschließen, dass "mein" Abgeordneter Nebentätigkeiten ausübt.
Frage:
Wie bewerten Sie diesen Vorschlag?
3. Der Bürger muss ohne "wenn und aber" sich an die beschlossenen Gesetze halten. Wieso kann der Bundestagspräsident sich das Recht herausnehmen ein beschlossenes Gesetz -Veröffentlichung von Nebentätigkeiten der Abgeordneten- einfach nicht anzuwenden.
Frage: Darf aus Ihrer Sicht der Bundestagspräsident aus eigener Machtvollkommenheit einfach so handeln?
4. Wieso werden wir Bürger von den Abgeordneten im Rahmen der steuerlichen Vergütung von beruflichen Aufwendungen kleinlich verregelt während die Abgeordneten für sich selbst großzügige Pauscharegelungen beschlossen haben obwohl Sie als Abgeordneter doch in Berlin jeden Abend die Möglichkeit haben bei Lobbyveranstaltungen kostenlos zu essen und zu trinken.
Frage:
Wieso verordnen die Abgeordneten dem Bürger den kleinlichen Einzelnachweis während sie sich selbst großzügige Pauschalen gönnen?
Mit freundlichem Gruss
Hans-Jürgen Walther
Sehr geehrter Herr Walther,
vielen Dank für Ihre Frage. Es freut mich, dass Sie mein Essay „Wider der Politikverachtung“ mit Interesse gelesen haben. Gern gehe ich auf die von Ihnen angesprochenen Fragen ein.
Ich teile Ihr Unverständnis darüber, dass es für einige meiner Parlamentskollegen nicht selbstverständlich ist, ihre Nebeneinkünfte offen zu legen. Dass einige wenige Kollegen gegen die beschlossene Veröffentlichungspflicht sogar klagen, kann ich nicht nachvollziehen. Ich habe mich seit ich Mitglied des Bundestages bin für eine Veröffentlichungspflicht eingesetzt und könnte mir auch darüber hinausgehende Regelungen, einschließlich eines gänzlichen Verbots solcher Tätigkeiten, vorstellen. Wer sein Mandat ernst nimmt, kann nach meiner Erfahrung eigentlich keine Zeit für weitere berufliche Betätigungen haben. Für mich ist die Arbeit im Parlament ein „Fulltimejob“. Ich selbst veröffentliche jährlich einen Rechenschaftsbericht, in dem ich meine Einkünfte offen lege (abrufbar auf meiner Homepage unter http://www.hans-peter-bartels.de/bartels.php/cat/14/title/Rechenschaft ). Der Bundestagspräsident sollte die eingegangenen Meldungen veröffentlichen und nicht auf das Bundesverfassungsgericht warten.
Vielleicht sind meine Vorschläge zur Reform des Parlamentsrechts, die ich vor einiger Zeit einmal in einem Papier („Politik als Beruf auf Zeit“) zusammengefasst habe, für Sie von Interesse (zu finden auf meiner Internetseite: http://www.hans-peter-bartels.de/bartels.php/cat/3/aid/80 ). Dort finden Sie unter Punkt 8 auch meine Position zur von Ihnen angesprochenen Kostenpauschale. Ich könnte mir gut vorstellen, dass mandatsbedingte Kosten im Wesentlichen auf Nachweis erstattet werden (so wie es bei Mitarbeitern, Telekommunikationskosten oder Büromaterial schon heute der Fall ist).
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Bartels