Frage an Hans-Peter Bartels von Jessica R. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Dr.Bartels,
ich heiße Jessica Rathje und gehe in Preetz in das regionales Berufsbildungszentrum des Kreises Plön. Dort mache ich eine Ausbildung zur sozialpädagogischen Assistentin.
Zur zeit haben wir im Wipo Unterricht das Thema Betreuungsgeld für die Mütter, die Ihre Kinder zu Hause erziehen und nicht in deine Kindertagesstätte geben.
Unsere Klasse interessiert sich, was Sie dazu denken.
Vielen dank für Ihre Stellungsnahme.
Mit freundlichen Grüßen
jessica
Sehr geehrte Frau Rathje,
vielen Dank für Ihre Frage zum Betreuungsgeld.
Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP sieht vor, dass ab 2013 "ein Betreuungsgeld in Höhe von 150,- Euro, gegebenenfalls als Gutschein" eingeführt wird, "um Wahlfreiheit zu anderen öffentlichen Angeboten und Leistungen zu ermöglichen". Vorgeblich also geht es um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Diese ist auch heute noch nicht für alle Eltern erreicht.
Das hängt aber vor allem mit dem Mangel an Betreuungsplätzen zusammen, der nach wie vor besteht. Hier gibt es Handlungsbedarf - insbesondere für die Regierungen der Länder, aber auch für den Bund. Was CDU/CSU und FDP hingegen beabsichtigen, ist geradezu eine "Bildungsverhinderungsprämie".
Lehrreich sind die Erfahrungen des Landes Thüringen, wo seit Juli 2006 ein "Landeserziehungsgeld" ausgezahlt wird. Der Thüringer Kindersozialbericht ist eindeutig: "Mit dem Gesetz wurde ein starker Anreiz gerade für ökonomisch schwächere Familien geschaffen, ihre Kinder nicht in eine vorschulische Bildungseinrichtung zu bringen." Und weiter: "Aufgrund ihrer begrenzten finanziellen Möglichkeiten sind diese Eltern nicht in der Lage, ihren Kinder privat diejenigen Bildungsangebote und -anreize zu liefern [.], die eine Tageseinrichtung mit ihrem fachlich qualifizierten Personal vorhalten kann. Zudem kommt es durch die Nicht-Inanspruchnahme der frühkindlichen Bildungseinrichtungen nicht zu einer so starken Ausweitung der sozialen Kontakte auf andere Erwachsene und gleichaltrige Spielpartner. Diese Kinder werden ferner weniger mit neuartigen Strukturen und Regeln konfrontiert und stehen [.] Gleichaltrigen nach, die sich in Tageseinrichtungen befinden."
Das Betreuungsgeld dürfte also die soziale Schieflage in der frühkindlichen Bildung zusätzlich verstärken. Es ist deshalb weder pädagogisch noch wirtschaftlich sinnvoll. Ich lehne es - im Einklang mit meinen sozialdemokratischen Fraktionskollegen - ab.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Bartels