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Hans-Peter Bartels
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Frage von Heiko M. •

Frage an Hans-Peter Bartels von Heiko M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Dr. Bartels,

nach nunmehr 11 Jahren SPD-Regierungsbeteiligung im Bund stelle ich als Arbeitnehmer fest, dass es den mittleren deutschen Arbeitnehmern schlechter geht als je zuvor und das auch im EU-Vergleich.

Meine Fragen an Sie:
1. Wieso fängt der Höchststeuersatz (42 Prozent) auf Arbeit bereits bei einem Facharbeitergehalt an und steigert sich nach oben nicht mehr? Dies bedeutet doch, dass der 60-Millionenverdiener den selben Steuersatz hat wie der Facharbeiter oder Ingenieur der Brutto 60 000 Euro verdient. Ist das sozial gerecht?

2. Wieso werden Millionen- und Milliardenerträge aus Kapitaleinnahmen seit 01.01.2009 mit pauschal 25 Prozent versteuert und nicht mehr wie bisher mit dem individuellen Steuersatz. Das ist eine satte Steuererleichterung von 17 Prozent für die megareichen Kapitalbesitzer. Die Arbeitnehmer können von so einer Erleichterung nur träumen.

3. Wieso ist in Deutschland die Rente mit 67 "alternativlos" und in Frankreich , welches wirtschaftlich schlechter als Deutschland dasteht, die Rente mit 60 finanzierbar?

4. Wieso haben die deutschen Arbeitnehmer gemäß einer OECD-Studie erheblich weniger von dem Aufschwung der vergangenen Jahre profitiert als beispielsweise die Arbeitnehmer in Frankreich? Die deutschen Unternehmen waren doch Exportweltmeister.

5. Und schließlich meine letzte Frage: warum soll ich als Arbeitnehmer angesichts dieser schlimmen Entwicklung mit der SPD in der Regierungsverantwortung diese Partei noch wählen?

Mit freundlichem Gruss

H.Mahlert

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mahlert,

vielen Dank für Ihre Fragen. Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent wird für jeden Euro (abzüglich Grundfreibetrag und Werbungskostenpauschale), den der Steuerpflichtige mehr als 52.152 Euro im Jahr verdient, fällig. Der individuelle Steuersatz für die Gesamteinkünfte des Ingenieurs wird also in keinem Fall bei 42 Prozent liegen. Der Einkommensmillionär kommt dem hingegen sehr nah. Im Übrigen lag das Bruttodurchschnittseinkommen in Deutschland 2007 bei 35.784 Euro. Die meisten Arbeitnehmer werden deswegen vermutlich mit keinem Euro in die Nähe des Spitzensteuersatzes gelangen. Die SPD hat in der Großen Koalition die sogenannte "Reichensteuer" eingeführt. Bei einem zu versteuernden Einkommen über 250.000 Euro (für Alleinstehende) bzw. 500.000 Euro (für Verheiratete) beträgt der Spitzensteuersatz 45 statt 42 Prozent. In ihrem Wahlprogramm hat die SPD beschlossen, diesen Steueraufschlag noch einmal auf 47 Prozent (bei 125.000 Euro für Alleinstehende und 250.000 Euro für Verheiratete) zu erhöhen. Gleichzeitig soll der (gerade von 15 auf 14% gesenkte) Eingangssteuersatz weiter auf 10 Prozent gesenkt werden, wodurch untere und mittlere Einkommen weiter entlastet werden. Der Grundsatz, dass starke Schultern mehr tragen müssen als schwache, muss gelten.

In Zeiten globalisierter Finanzmärkte wurden Kapitalerträge bisher häufig im Ausland versteuert. Dadurch dass die Abgeltungssteuer anders als die bisherige Kapitalertragssteuer direkt von den Banken für jeden Kunden an das Finanzamt abgeführt werden muss, wird dieser Praxis ein Riegel vorgeschoben. "Lieber 25 Prozent von X als 42 Prozent von nix." sagt der Finanzminister zu recht. Wer weniger als 25 Prozent Einkommenssteuer zahlt, kann sich die zu viel gezahlte Steuer über die Steuererklärung zurückholen.

Die schrittweise Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters bis 2029 folgt der demographischen Entwicklung in Deutschland. Auf der einen Seite werden seit vielen Jahren zu wenige Kinder geboren, auf der anderen Seite werden die Menschen dank gesünderer Lebensweise und medizinischem Fortschritt immer älter. Im Jahr 1970 betrug die durchschnittliche Rentenbezugsdauer 11 Jahre, 2007 17 Jahre. Der Eintritt ins Berufsleben hat sich dagegen nach hinten verschoben. Ein späterer Renteneintritt ist deshalb für meine Generation richtig. Allerdings muss sich insgesamt das Verhältnis zur Lebensarbeitszeit in Deutschland wandeln. Wir brauchen flexiblere Übergänge vom Arbeitsleben in den Ruhestand. Die schleswig-holsteinische SPD hat dazu Vorschläge gemacht, die Sie auf der Internetseite der SPD SH finden (http://www.spd-schleswig-holstein.de/docs/1238754778_S1DieChancenderaelterwerdendenGesellschaftnutzen.pdf). In Frankreich wird im Übrigen auch gerade die schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters vorbereitet, obwohl die demographische Entwicklung (Frankreich hat seit Jahren die höchste Geburtenrate in Europa) nicht so dramatisch ist wie in Deutschland.

Die Lohnentwicklung der letzten Jahre war nicht immer gut. Lohnpolitik ist Sache der Tarifpartner. Für eine bessere Lohnentwicklung brauchen wir starke Gewerkschaften. Mit der SPD wird es deshalb keinen Abbau von Arbeitnehmerrechten und keine Aushöhlung der Tarifautonomie, wie Union und FDP sie fordern, geben. Wir wollen einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einführen und bei der Leiharbeit den Grundsatz "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" durchsetzen. Wenn Sie weitere Gründe suchen, die Ihre Zweifel an sozialdemokratischer Regierungspolitik mildern, schauen Sie auch gern ins SPD-Wahlprogramm (http://www.spd.de/de/politik/Bundesparteitag/regierungsprogramm.html).

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Bartels