Frage an Hans-Olaf Henkel von Jürgen L. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Prof. Henkel,
das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA wird heftig diskutiert. Mich interessiert Ihre Meinung zu folgenden Punkten:
- Ist es mit Demokratie vereinbar, dass die EU-Kommission diese Verhandlungen unter strikter Geheimhaltung der im Verhandlungsmandat formulierten Ziele und unter Geheimhaltung der Verhandlungsprotokolle führt und dass diese Geheimhaltung gegenüber den Bürgern und – mit wenigen Ausnahmen – gegenüber den Abgeordneten des Parlamentsaufrechterhalten wird?
- Ist es mit Demokratie und den Rechten der Parlamentarier vereinbar, dass ein Sondergericht installiert werden soll, vor dem Industriekonzerne eigentlich souveräne Staaten verklagen können, wenn diese Konzerne glauben, dass eine Gesetzgebung ihre Gewinninteressen schmälert.
Ist es mit Demokratie und Rechtsstaat vereinbar, dass dieses Sondergericht
* geheim tagt?
*seine Beschlüsse bzw. Beschlussbegründungen geheim hält?
* die Richter in einem intransparenten Verfahren aus den Rechtsanwälten großer Wirtschaftskanzleien rekrutiert werden?
* es nur eine Instanz gibt und eine Berufung gegen ein „Urteil“ nicht möglich ist?
und
* dass zwar Industriekonzerne vor diesem „Gericht“ souveräne Staaten verklagen können sollen, nicht aber Staaten die Industriekonzerne?
- Halten Sie für richtig, dass nach Meinung der EU-Kommission das Verhandlungsergebnis den nationalen Parlamenten nicht vorgelegt werden muss, obwohl der Vertrag direkt in die Souveränität der einzelnen Staaten eingreifen würde? - Es erfolgt dann nämlich jede Gesetzgebung unter der Drohung, dass Konzerne sich geschädigt sehen und vom Steuerzahler Milliarden fordern könnten.
- Warum reicht die normale Gerichtsbarkeit nicht aus, um Rechtsstreitigkeiten über Investitionen zu klären?
Ich bin ich sehr an einer Antwort Ihrerseits interessiert und danke Ihnen für Ihre Mühe.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. J. Link