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Hans-Michael Goldmann
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Frage von Ottmar M. •

Frage an Hans-Michael Goldmann von Ottmar M. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Guten Tag Herr Goldmann,
leider haben Sie meine Fragen im Wesentlichen nicht beantwortet. Wie sieht Ihr „Gesamtkonzept“ für die Milcherzeuger aus? Ich sehe bei Ihnen nur Stückwerk. Mehr Markt soll zu „auskömmlichen“ Milchpreisen führen? Wie denn, Herr Goldmann? In welchem Land ohne Quotensystem gibt es denn „auskömmliche“ Milchpreise? Nennen Sie doch einmal eins! Wenn „mehr Markt“ in der Milchwirtschaft die Lösung ist, warum gibt es dann nicht längst einen funktionierenden Milchmarkt, Herr Goldmann? Die Politik behauptet, die Milcherzeuger müssten mit erheblichen Preisschwankungen leben. Wie sollen da „auskömmliche“ Milchpreise entstehen? Ein Milchviehbetrieb ist doch kein Industriebetrieb, der mal die Leute in Kurzarbeit schicken kann oder die Produktion drosseln kann.
Um wie viel werden denn die Milchbauern durch Ihre Vorschläge entlastet? 0,5 ct/kg? 1 ct/kg? Wenn man sich die Kostenstruktur eines Milchviehbetriebes ansieht, dürfte es nicht mehr sein? Sie haben auch nicht auf die Frage geantwortet, wie Sie bei den hiesigen Produktionskosten mehr Milchprodukte exportieren wollen. Wenn, wie Sie behaupten, hier 15% zu viel produziert wird, wie viele Milcherzeuger hätten wir denn heute ohne Quote? Wie soll denn fairer Wettbewerb auf den Weltmärkten aussehen, Herr Goldmann? Wegen der großen Nachfrage stiegen die Milchpreise 2007 stark an, es gab weder einen Milchsee noch einen Butterberg. Weshalb haben wir dann 15% Überproduktion, wie Sie behaupten?
O. Müller

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Müller,

ich werde hier nicht in eine Diskussion mit Ihnen einsteigen. Dazu gibt es andere Gelegenheiten, als Abgeordnetenwatch. Die deutschen Milchbauern und ihre europäischen Kollegen gerieten trotz der von Ihnen geforderten Milchmengenregulierung in eine solche Not- und Krisensituation. Ein Höfessterben findet seit vielen Jahren statt und dies, obwohl eine Milchquote und damit eine Mengensteuerung existiert, die aber ganz offensichtlich versagt hat.
Das Gesamtkonzept der FDP sieht vor, einerseits die Marktchancen zu nutzen, so wie die Schweine und Geflügelhalter seit vielen Jahren sich ebenfalls am Markt behaupten müssen und zum Teil gute Erlöse erzielt haben; andererseits aber die Bauern dort zu entlasten, wo der Staat handeln kann, nämlich die Wettbewerbsnachteile zu europäischen Nachbarn abschaffen.
Die Milch-Überproduktion ist doch keine Behauptung von mir, sondern ich kenne keinen Experten, der nicht von 10-20% Milchüberproduktion derzeit ausgeht. Dass es 2007 trotzdem zu steigenden Preisen kam liegt nun einmal an den volatilen Märkten. Abgesehen davon, hat diese Hochpreisphase z.B. dazu geführt, dass die Lebensmittelindustrie noch stärker als zu vor auf pflanzliche Fette umgestiegen ist, was das Problem der Überproduktion verschärft. Angesichts dessen, dass ja noch nicht einmal 15% der Milch als Frischmilch beim Verbraucher landet und der Rest der Produktion weiterverarbeitet wird, bleiben wolkige Appelle an die Verbraucher meist fruchtlos. Abgesehen davon nützt es doch auch niemanden, wenn Verbraucher mehrheitlich in Umfragen erklären, sie würde durchaus mehr Geld für die Milch bezahlen, damit die Bauern fairere Preise erhalten und sich am Kühlregal dann doch wieder für die Billig-Milch entscheiden. Auch die Politik kann Konsumentenverhalten nicht ändern. Sie werden bei vielen unserer Nachbarländer erstens weniger landwirtschaftliche Produkte aus anderen Ländern finden als bei uns und zweitens wird fast nirgendwo so wenig vom verfügbaren Einkommen für Lebensmittel ausgegeben wie in Deutschland. Zumindest am ersten Punkt kann die Politik vielleicht etwas nachhelfen. Trotz Binnenmarkt gibt es auch in der EU noch immer nichttarifäre Handelshemmnisse. Deutschland hat z.B. bis vor kurzem nicht die berühmten roten dänischen Pölser ins Land gelassen, weil der darin enthaltene Farbstoff bei uns in Verbindung mit Fleisch verboten, in Verbindung mit Jogurt aber erlaubt war. D.h. wir müssen uns auf europäischer Ebene verstärkt dafür einsetzen, auch die letzten solcher Handelshemmnisse abzuschaffen. Und dies gilt umso mehr für die Märkte außerhalb der EU. Hier schlummert noch ein gewaltiges Potential. Bei der Exportförderung hat sich das BMELV in den letzten Jahren allein auf die Arbeit der CMA verlassen. Hier gibt es noch einen gewaltigen Nachholbedarf. Wir haben immer moniert, dass bei sinkenden Subventionen für die Landwirtschaft eine Gleichbehandlung zur übrigen Exportwirtschaft erreicht werden muss. Die wird nämlich jährlich mit weit über 100 Mio. € gefördert, während die Landwirtschaft nicht nur ihre eigene, sondern auch die Exportförderung der Ernährungswirtschaft bis zum Absatzfondsurteil des Bundesverfassungsgerichts selbst bezahlen musste.

Es gibt also einige Punkte, bei denen die Politik ansetzen kann, um der Landwirtschaft allgemein und den Milchbauern im Besonderen zu helfen. Doch bei der Preisgestaltung und Mengensteuerung kann sie es nicht.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Hans-Michael Goldmann