Frage an Hans-Martin Haller von Christine L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Haller,
jeder Mensch hat doch das Recht sich frei zu bewegen, sowie der Staat ja auch eine Fürsorgepflicht hat, das jeder Staatsbürger dieses Recht erhält.
Mein Mann leidet aneiner Muskelkrankheit und ist sitzt deshalb im E-Rollstuhl. Auf Grund seiner Krankheit ist er bereits in Rente. Er würde sehr gerne am öffentlichen Leben teilnehmen, was oft durch Barrieren verhindert wird. Er kann zum Beispiel nicht mehr aktiv Autofahren, obwohl es die Technik dazu gibt und er dazu in der Lage wäre. Leider ist diese Technik für einen Rentner nicht bezahlbar, obwohl er dadurch gemeinützige Arbeiten machen könnte etc - Können Sie sich als Politker dafür einsetzen für die Mobilität unserer nicht mobilen Mitbürger und dass Barrieren in derÖffentlichkeit beseitigt werden.
ich freue mich auf Ihre Stellungnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Christine Leitz
Sehr geehrte Frau Leitz,
für Ihre Ausführungen danke ich Ihnen. Ich will versuchen, Ihnen über grundsätzliche Bemerkungen hinaus einige Überlegungen zu schildern, die sich aus konkreten Einzelfällen ergeben, mit denen ich in den letzten Jahren befasst war. Ich kann nicht abschließend beurteilen, inwiefern diese Erfahrungen übertragbar sind: Insbesondere die Kostenübernahme für Hilfsmittel durch Leistungsträger hängt von im Einzelfall konkret vorliegenden Umständen ab. Falls Sie das wünschen, können Sie mir gern ausführlichere Schilderungen zur Situation Ihres Ehemannes über mein Wahlkreisbüro (Johannes-Conzelmann-Str. 31, 72461 Albstadt) zukommen lassen.
Seit 1994 regelt unser Grundgesetz in Artikel 3 Absatz 3 Satz 2: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
Ich mache mir nichts vor: Der „Brückenschlag“ von dieser Verfassungsnorm in die alltägliche Realität ist weit vom Ideal entfernt. Dabei schätze ich die Anstrengungen von Gesetzgebern und Verwaltungen keineswegs gering: Es gibt Fortschritte, aber es sind – zumal vor dem Hintergrund knapper öffentlicher Kassen – eben doch nur „Schritte“. Und immer gilt: Menschen müssen Gesetzestexte mit Leben erfüllen.
Im 9. Sozialgesetzbuch ist 2001 die Idee der „Teilhabe“ an die Stelle der Fürsorge gesetzt worden: Behinderte Menschen sollen die Hilfen erhalten, die sie benötigen, um am Leben der Gesellschaft und insbesondere am Arbeitsleben teilnehmen zu können. Ein anderes Stichwort in diesem Zusammenhang ist das „barrierefreie Bauen“, das z. B. – je nach Art der Gebäude unterschiedlich streng – in der Landesbauordnung verankert ist.
Ihre Ausführungen haben mich auch an die sogenannte „Kraftfahrzeughilfeverordnung“ erinnert: Demnach werden von den zuständigen Trägern zur beruflichen Eingliederung u. a. Leistungen (einkommensabhängige Zuschüsse oder Darlehen) erbracht zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs bzw. für eine behindertengerechte Zusatzausstattung. Rentner sind allerdings von der Kraftfahrzeughilfe weitgehend ausgenommen: Nur Rentner aufgrund verminderter Erwerbsfähigkeit sind berechtigt, wenn durch die Kfz-Hilfe die Verminderung der Erwerbsfähigkeit beseitigt wird. Ob im Falle Ihres Ehemanns eine Berechtigung vorliegt, bedarf einer eingehenden Überprüfung.
Unbestreitbar ist, dass staatliche Unterstützung ihre Grenzen zeigt, wenn es um die Mobilität Behinderter geht, die nicht oder nicht mehr im Berufsleben stehen. Für diese Gruppen setzt sich beispielsweise der Verein „Mobil mit Behinderung e. V.“ ( http://www.mobil-mit-behinderung.de ) mit Sitz in Rheinland-Pfalz und mit Mitgliedern auch in Baden-Württemberg ein, indem er finanzielle Beihilfen über Spenden und Sponsoring organisiert. Auch wenn es zugegebenermaßen nur eine unfertige Idee ohne Erfolgsgarantie ist, einen Versuch in dieser Richtung zu unternehmen: Mein Wahlkreisbüro unterstützt Sie auf Wunsch gern bei einer Kontaktaufnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Martin Haller