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Hans-Martin Haller
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Frage von Jürgen H. •

Frage an Hans-Martin Haller von Jürgen H. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Haller,
ihnen dürfte nicht entgangen sein, dass DM=Euro seit der Umstellung vermehrt Anwendung gefunden hat.
Wann, und hier hätte ich gerne eine verbindliche Angabe zumindest in Jahren - schaffen Sie es die Steuern so zu senken, dass wir als Bürger wieder den selben Betrag wie vorher in DM jetzt in Euro zur Verfügung haben. Die Lebenshaltungskosten haben sich nicht reduziert und die Regierung hat hier eindeutig gelogen.

Grüsse
Jürgen Hüfner

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Sehr geehrter Herr Hüfner,

alle wichtigen Steuergesetze sind Bundesgesetze, bei deren Gestaltung allerdings die Länder über den Bundesrat ein wichtiges Wörtchen mitreden.

Sowohl die Unternehmenssteuern als auch die direkten Steuern privater Haushalte sind seit 1998 massiv gesenkt worden. Unabhängige Informationen zu den Unternehmenssteuern finden Sie z. B. auf den Internetseiten des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung, Mannheim, unter http://www.zew.de/de/publikationen/taxation/.

Die Entwicklung der direkten Steuer- und Abgabenlast privater Haushalte ermittelt z. B. das Statistische Bundesamt: Demnach hat ein Arbeitnehmer im Schnitt 1990 knapp 30% seines Bruttoeinkommens für Lohnsteuer und Sozialbeiträge aufwenden müssen. Bis 1997 ist dieser Anteil auf knapp 37% gestiegen. 1998 hat die Kehrtwende eingesetzt ? seither ist der Anteil der Lohnsteuer und Sozialbeiträge am Bruttoeinkommen eines Arbeitnehmers auf durchschnittlich 34,2% im Jahr 2004 gesunken.

Die rückläufige Entwicklung der direkten Steuer- und Abgabenlast belegt auch ein anderer Vergleich: Eine Arbeitnehmerfamilie mit zwei Kindern und einem Alleinverdienereinkommen in Höhe von 30000 € hat 1998 nach Abzug des Kindergeldes 6660 € an Lohnsteuer und Sozialbeiträgen gezahlt. 2005 lag diese Summe nur bei weniger als 4200 €. Weil das Kindergeld seit 1998 auf monatlich 154 € erhöht worden ist, der Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer von rund 6300 € auf rund 7700 € gestiegen ist, und Eingangs- und Spitzensteuersatz (ohne Solidaritätszuschlag) von 25.9% auf 15% bzw. von 53% auf 42% gesenkt worden sind.

Zu recht weisen Sie auf die Lebenshaltungskosten hin: Die schönste Senkung direkter Steuern bringt wenig, wenn die Inflation zuschlägt. Die Inflation wird von vielen Faktoren beeinflusst unbestreitbar auch vom Fiskus, z. B. über die indirekten Steuern (Mineralölsteuer, Mehrwertsteuer, etc.).

Berücksichtigt man die Inflation ergeben sich folgende Ziffern: Die Nettoverdienste von Arbeitnehmern sind preisniveaubereinigt zwischen 1992 und 1998 im Schnitt um jährlich 1,2% gesunken. Von 1998 bis 2004 lag der reale jährliche Zuwachs im Schnitt bei 0,4%.

Das ist natürlich keine brillante Bilanz letztlich lagen die realen Nettoverdienste damit 2004 immer noch um knapp 2% unter dem Niveau zu Beginn der 90er. Aber die beispielhaft angeführten Entlastungen bei den direkten Steuern haben wenigstens zur Erholung beitragen und die letzte Steuerreformstufe ist bekanntlich erst 2005 in Kraft getreten.

Welche Rolle der Euro bei der Entwicklung des Preisniveaus spielt, hängt von Betrachter ab: Mir geht es beim täglichen Einkauf wie Ihnen. Wirtschaftswissenschaftler und Statistiker hingegen ermitteln hingegen keinen Teuro-Effekt. Entsprechende Informationen finden Sie z. B. auf den Seiten des Statistischen Bundesamtes unter
http://www.destatis.de/basis/d/preis/preis_inflation.php.

In anderer Hinsicht möchte ich ausdrücklich eine Lanze für den Euro brechen:
Wichtige Wettbewerber, z. B. der italienische Maschinenbau, haben zu DM-Zeiten regelmäßig aus der Stärke der DM und der Schwäche der eigenen Währung auf den Devisenmärkten Vorteile im internationalen Wettbewerb gezogen. Das geht mit dem Euro nicht mehr - und das ist gut so.

Ihre Frage nach der künftigen Steuerpolitik möchte ich wie folgt beantworten:

Die Große Koalition in Berlin plant die Erhöhung der Mehrwertsteuer ab 2007, die zu einem wesentlichen Teil zur Senkung der Sozialversicherungsbeiträge eingesetzt werden soll. Ich weiß, dass die SPD für diese Vereinbarung stark in der Kritik steht. Ich weiß aber auch, dass Große Koalitionen nicht die lupenreine Durchsetzung der Linie der SPD erlauben. Und dass bestimmte kleine Parteien milliardenschwere Versprechungen ohne jegliche Gegenfinanzierung zu machen. Fraglos wäre mir ein entschiedeneres Vorgehen gegen die Strategien zur Mehrwertsteuerumgehung, die viele Millarden an Aufkommen kosten, sympathischer gewesen.

Bei den direkten Steuern erwarte ich, dass die Unternehmenssteuern im Mittelpunkt stehen. Die Stichworte lauten: rechtsformunabhängige Unternehmensbesteuerung und duale Einkommensteuer nach skandinavischem Vorbild. Das Inkrafttreten ist meines Wissens ab 2008 vorgesehen - erste Ergebnisse der noch von Bundesfinanzminister Hans Eichel in Auftrag gegebenen entsprechenden Studien liegen bereits vor (siehe z. B. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4.8.2005 unter dem Titel "Für eine wettbewerbsgerechtes Steuerrecht").

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Martin Haller